Das europäische Einheitspatentsystem

Shownotes

In dieser Podcast-Folge diskutieren Lukas Fleischer und Gerd Hübscher über das neu geschaffene europäische Einheitspatentsystem, insbesondere dem Einheitspatent und dem Einheitlichen Patentgericht (UPC). Das Einheitspatentsystem ermöglicht es, ein europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung (Einheitspatent) zu erhalten, das in allen am Einheitspatentsystem teilnehmenden Staaten gleichzeitig durchgesetzt oder für nichtig erklärt werden kann. Der Antrag auf einheitliche Wirkung muss innerhalb eines Monats nach Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des Patents gestellt werden, wobei auch eine Übersetzung ins Englische oder eine andere Amtssprache der EU, wenn Englisch bereits Verfahrenssprache war, erforderlich ist.

Das Einheitspatent bietet Vorteile wie zentrale Jahresgebühren, die im Vergleich zur klassischen Validierung günstiger sind, den Wegfall der für die Validierung erforderlichen Vielzahl von Übersetzungen und die Möglichkeit einer zentralen Rechtsdurchsetzung durch das Einheitliche Patentgericht (UPC), welches sowohl zentral über die Verletzung als auch für die Nichtigkeit zuständig ist. Es gibt jedoch Einschränkungen: Nicht alle EU-Mitgliedstaaten nehmen teil, und das System gilt nur für EU-Staaten, jedoch steht den nicht teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten der Beitritt grundsätzlich frei. Klassische Validierungen bleiben für Länder außerhalb des Einheitspatentsystems die einzige Option.

Das Einheitspatentsystem hat jedoch auch auf klassisch validierte europäische Patente drastische Auswirkungen, da das Einheitliche Patentgericht automatisch auch für alles Nichtigkeitsverfahren für europäische Patente zuständig ist, sofern diese nicht durch einen sogenannten Opt-Out Antrag der Zuständigkeit des UPC entzogen wurden.

Zitierte Rechtsvorschriften, Artikel und Regeln:

Transkript anzeigen

00:00:06: Willkommen zum IP Courses Podcast,

00:00:10: dem Podcast für gewerblichen Rechtsschutz.

00:00:16: Mein Name ist Lukas Fleischer.

00:00:18: Heute spreche ich mit Gerd Hübscher über das europäische

00:00:20: Einheitspatentsystem.

00:00:22: Hallo Gerd.

00:00:23: Hallo Lukas.

00:00:24: Das europäische Einheitspatentsystem ist ein historischer

00:00:27: Meilenstein im europäischen Patentschutz und noch

00:00:29: relativ neu.

00:00:30: Es ist erst am 1. Juni 2023 in Kraft getreten.

00:00:34: Das bedeutet, dass es sich um ein Rechtsgebiet handelt,

00:00:37: das noch ganz frisch und sich ständig weiterentwickelt.

00:00:41: Zuallererst, wo findet man denn eigentlich die Vorschriften zum

00:00:44: Einheitspatent?

00:00:46: Die Regelungen sind etwas verstreut.

00:00:48: Die Grundlage für das gesamte Einheitspatent ist eigentlich

00:00:51: eine Verordnung der Europäischen Union aus dem Jahr 2012,

00:00:54: die die Umsetzung der verstärkten Zusammenarbeit im Bereich

00:00:57: des einheitlichen Patentschutzes regelt.

00:00:59: Das ist die Verordnung 1257 aus 2012.

00:01:03: Daneben gibt es noch weitere Regelwerke,

00:01:05: wie eine gesonderte Verordnung zu den Sprachenregelungen,

00:01:08: eine Durchführungsordnung und eine Gebührenordnung.

00:01:11: Außerdem gibt es eine eigene Regelung zum einheitlichen

00:01:13: Patentgericht,

00:01:14: die uns aber an dieser Stelle weniger betrifft.

00:01:17: Und vielleicht zu Beginn die wichtigste Frage überhaupt.

00:01:20: Was ist denn eigentlich

00:01:21: so ein Einheitspatent und wie bekomme ich das?

00:01:25: Bisher war es so,

00:01:26: dass das europäische Patent nach der Erteilung in ein Bündel

00:01:29: nationaler Patente zerfallen ist.

00:01:31: Seit vielen Jahren gibt es jedoch Bestrebungen,

00:01:33: einen einheitlichen Patentschutz in Europa zu schaffen.

00:01:37: Das Ziel ist, dass das europäische Patent nicht nur ein

00:01:39: zentrales Erteilungsverfahren durchläuft,

00:01:41: sondern auch nach der Erteilung einheitlich bleibt und in

00:01:44: allen Mitgliedstaaten gleichzeitig durchgesetzt werden kann.

00:01:47: Genauso soll es möglich sein,

00:01:48: das Patent zentral für alle Länder auch nichtlich

00:01:50: zu erklären.

00:01:52: Das war bisher nur im Rahmen des

00:01:54: Einspruchsverfahrens innerhalb der Einspruchsfrist von neun

00:01:56: Monaten nach der Erteilung möglich.

00:01:59: Seit dem 1. Juni 2023 gibt es nun die Möglichkeit,

00:02:02: ein Einheitspatent zu erlangen.

00:02:04: Nach der Erteilung des europäischen Patents,

00:02:06: also genauer gesagt nach der Veröffentlichung des Hinweises

00:02:08: auf die Erteilung,

00:02:10: kann das Patent mit einheitlicher Wirkung beantragt werden.

00:02:13: Die Frist dafür beträgt einen Monat nach der

00:02:15: Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung.

00:02:18: Innerhalb dieser Frist müssen nur wenige

00:02:20: Schritte unternommen werden.

00:02:21: Es ist keine Gebühr fällig,

00:02:23: aber einige Angaben müssen vorgelegt werden,

00:02:25: wie Informationen zum Anmelder,

00:02:27: zum Patent und gegebenenfalls zum Vertreter.

00:02:29: Außerdem muss eine Übersetzung eingereicht werden.

00:02:32: Wenn das europäische Patent in Deutsch oder Französisch

00:02:34: vorliegt, muss die Übersetzung auf Englisch erfolgen.

00:02:37: Liegt es bereits auf Englisch vor,

00:02:39: kann der Anmelder eine beliebige andere Amtssprache der

00:02:41: Europäischen Union für die Übersetzung wählen.

00:02:45: Ein Einheitspatent ist also ein europäisches Patent mit

00:02:48: einheitlicher Wirkung für alle Staaten,

00:02:50: die Teil des Abkommens über das einheitliche

00:02:52: Patentgericht sind.

00:02:53: Die einheitliche Wirkung betrifft sowohl die Durchsetzung

00:02:56: des Patents, als auch dessen Rechtsbeständigkeit.

00:02:59: Die Unterscheidung zwischen einem klassischen Bündelpatent

00:03:02: und einem Einheitspatent wird erst relevant,

00:03:05: wenn der Hinweis auf Erteilung des europäischen Patents

00:03:07: veröffentlicht wurde.

00:03:09: Anstatt der herkömmlichen Validierung stellt man nun einen

00:03:12: Antrag auf einheitliche Wirkung,

00:03:14: um in den Genuss eines Einheitspatents zu kommen.

00:03:16: Für diesen Antrag hat man einen Monat Zeit ab dem Datum der

00:03:20: Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung im

00:03:22: europäischen Patentblatt.

00:03:24: Neben dem Antrag müssen auch die relevanten Daten für das

00:03:27: Einheitspatent eingereicht und eine Übersetzung

00:03:29: vorgelegt werden.

00:03:31: Welche Übersetzung erforderlich ist,

00:03:32: hängt von der Verfahrenssprache des Verfahrens vor dem

00:03:35: Europäischen Patentamt ab.

00:03:37: War die Verfahrenssprache Französisch oder Deutsch,

00:03:39: muss die Übersetzung ins Englische erfolgen.

00:03:41: War die Verfahrenssprache jedoch bereits Englisch,

00:03:44: so ist eine Übersetzung in eine beliebige Amtssprache eines

00:03:46: Mitgliedstaates der Europäischen Union anzufertigen und

00:03:49: einzureichen.

00:03:50: Jetzt stellt sich also die Frage,

00:03:52: sind alle Länder des europäischen Patentübereinkommens

00:03:55: eigentlich auch Mitglieder des Einheitspatentsystems Kann

00:03:58: man also ein Einheitspatent für alle EPÜ-Vertragsstaaten

00:04:01: bekommen oder gibt es hier irgendwelche speziellen

00:04:04: Regelungen?

00:04:05: Es wäre natürlich ideal,

00:04:06: wenn das möglich wäre und würde sicherlich den Anforderungen

00:04:08: des europäischen Patentsystems gerecht werden.

00:04:11: Das Problem dabei ist jedoch,

00:04:12: dass eine einheitliche Rechtsdurchsetzung durch ein

00:04:15: zentrales Gericht nötig ist und derzeit ist das

00:04:18: Einheitspatent ein Rechtsinstrument der Europäischen Union.

00:04:21: Das bedeutet,

00:04:22: dass bereits im ersten Schritt alle Länder ausgeschlossen

00:04:24: sind, die nicht Mitglied der EU sind.

00:04:27: Doch auch innerhalb der Europäischen Union wollten nicht

00:04:30: alle Mitgliedstaaten am Einheitspatent teilnehmen,

00:04:32: wie zum Beispiel Spanien und Polen.

00:04:35: Deshalb haben sich die übrigen Länder zu einer verstärkten

00:04:37: Zusammenarbeit innerhalb der EU zusammengeschlossen.

00:04:40: Das heißt, nicht alle europäischen Mitgliedstaaten sind Teil

00:04:43: des europäischen Einheitspatents,

00:04:44: sondern nur ein Teil davon.

00:04:47: Darüber hinaus haben nicht einmal alle Länder,

00:04:49: die dieser verstärkten Zusammenarbeit zugestimmt haben,

00:04:52: das entsprechende Übereinkommen ratifiziert.

00:04:55: Unterm Strich bedeutet es,

00:04:56: dass nicht jeder Mitgliedstaat der europäischen

00:04:58: Patentorganisation gleichzeitig Mitglied des einheitlichen

00:05:01: Patentgerichts ist, sondern nur ein Bruchteil davon.

00:05:05: Das bedeutet also,

00:05:06: dass das europäische Einheitspatentsystem parallel zu den

00:05:09: bisherigen Regelungen existiert,

00:05:11: allerdings nur für einen Teil der EU-Staaten,

00:05:14: nämlich für jenen, der sich im Rahmen der verstärkten

00:05:16: Zusammenarbeit darauf geeinigt hat,

00:05:18: Einheitspatent teilzunehmen und für den die Teilnahme

00:05:21: bereits rechtswirksam geworden ist.

00:05:25: Wie schaut es denn da aus? Ist denn das System offen?

00:05:27: Kann dort jeder beitreten?

00:05:30: Ja, grundsätzlich ist das System offen und es passiert

00:05:33: auch tatsächlich fortlaufend,

00:05:34: dass neue Mitglieder beitreten.

00:05:36: Allerdings ist die Grundvoraussetzung,

00:05:38: dass der potentielle Mitgliedstaat ein Mitglied der

00:05:40: Europäischen Union ist.

00:05:41: Andernfalls würde die Rechtsdurchsetzung über das

00:05:43: einheitliche Patentgericht in dieser Form nicht

00:05:45: funktionieren.

00:05:48: Dann jetzt noch eine Frage.

00:05:50: Kann ich parallel zu einem Einheitspatent auch ein

00:05:52: klassisches Bündelpatent haben,

00:05:54: vielleicht sogar im selben Land?

00:05:56: Gibt es da irgendwelche Wechselwirkungen zwischen diesen

00:05:59: einzelnen Schutzrechtsarten oder schließt sich das

00:06:01: vielleicht sogar gegenseitig aus?

00:06:04: Grundsätzlich ist es so, dass ich weiterhin die Wahl habe,

00:06:06: ob ich auf klassische Weise validiere oder ob ich ein

00:06:10: Einheitspatent beantragen möchte.

00:06:12: Für die Länder, die nicht Mitgliedstaaten des

00:06:14: Einheitspatentsystems sind,

00:06:15: bleibt nur die klassische Validierung,

00:06:16: da dort kein Einheitspatent beantragt werden kann.

00:06:19: Für alle anderen Länder habe ich die Wahl.

00:06:22: Wenn ich mich für eine klassische Validierung entscheide,

00:06:24: kann ich kein Einheitspatent mehr beantragen.

00:06:26: Und wenn ich ein Einheitspatent beantrage,

00:06:28: ist eine klassische Validierung nicht mehr möglich.

00:06:30: Das heißt, ich muss mich für eine der beiden

00:06:32: Optionen entscheiden.

00:06:34: Unabhängig davon bleibt es möglich,

00:06:35: ein nationales Patent zu erlangen,

00:06:37: was weiterhin von der jeweiligen nationalen

00:06:39: Gesetzgebung abhängt.

00:06:40: In Österreich gibt es zum Beispiel kein Doppelschutzverbot,

00:06:43: was bedeutet, dass ich parallel ein nationales Patent und

00:06:46: ein validiertes europäisches Patent haben kann.

00:06:49: Zusätzlich könnte ich in diesem Fall auch ein Einheitspatent

00:06:51: beantragen, das neben dem nationalen Patent bestehen würde.

00:06:56: Für die Vertragsstaaten des EPÜ die nicht Teil des

00:06:58: Einheitspatentsystems sind, bleibt alles unverändert.

00:07:01: Der Schutz kann dort weiterhin nur über die klassische

00:07:03: Validierung erlangt werden.

00:07:08: Für die Länder, die Teil des Einheitspatentsystems sind,

00:07:11: gibt es also zwei Möglichkeiten.

00:07:13: Entweder man führt eine klassische Validierung für einige

00:07:16: oder alle dieser Länder durch oder man entscheidet sich für

00:07:18: das Einheitspatent.

00:07:19: Beides gleichzeitig ist jedoch nicht möglich.

00:07:22: Das bedeutet, entweder habe ich ein Einheitspatent oder ich

00:07:25: habe in den Mitgliedstaaten des Einheitspatentsystems die

00:07:28: mich interessieren,

00:07:29: verschiedene Teilrechte eines validierten europäischen

00:07:32: Bündelpatents.

00:07:34: Unabhängig davon besteht die Möglichkeit,

00:07:36: neben diesen europäischen Patenten auch nationale

00:07:38: Schutzrechte zu haben.

00:07:40: Das hängt jedoch von den nationalen Regelungen in den

00:07:42: Ländern ab, insbesondere davon,

00:07:45: ob ein Doppelschutz in den entsprechenden

00:07:46: Jurisdiktionen erlaubt ist.

00:07:48: Jetzt stellt sich natürlich auch noch die Frage,

00:07:49: wie schaut es denn mit den Jahresgebühren aus?

00:07:52: Ja, selbstverständlich.

00:07:54: Wie in jedem anderen Patentsystem gibt es auch beim

00:07:56: Einheitspatent Jahresgebühren.

00:07:59: Diese Gebühren sind an das europäische Patentamt zu

00:08:01: entrichten, das sie dann nach einem festgelegten Schlüssel

00:08:04: weiterleitet.

00:08:05: Tatsächlich sind diese Jahresgebühren einer der größten

00:08:08: Anreize für Anmelder,

00:08:09: da sie im Vergleich zur klassischen Validierung

00:08:11: relativ günstig sind.

00:08:12: Die Gebühren beginnen im zweiten Jahr bei 35 Euro und

00:08:16: steigen im zehnten Jahr auf 1.175 Euro.

00:08:19: Nach 20 Jahren liegen sie bei 4.855 Euro pro Jahr.

00:08:24: Das ist im Vergleich zur Validierung in einzelnen Ländern

00:08:26: und den dort anfallenden Jahresgebühren ein relativ

00:08:29: günstiger Tarif.

00:08:31: Zusätzlich können die Jahresgebühren noch weiter reduziert

00:08:33: werden, nämlich um 15 Prozent,

00:08:35: wenn ich eine Lizenzbereitschaft erkläre.

00:08:38: Es besteht also auch für Einheitspatente die Pflicht zur

00:08:41: Zahlung von Jahresgebühren.

00:08:43: Im Unterschied zu klassisch validierten Patenten sind jedoch

00:08:46: nicht die nationalen Patenten dafür zuständig,

00:08:49: sondern Jahresgebühren werden zentral an das europäische

00:08:51: Patentamt gezahlt.

00:08:53: Diese Jahresgebühren für das Einheitspatent sind im

00:08:56: Vergleich zu den nationalen Gebühren,

00:08:58: besonders wenn man sie auf alle Mitgliedsstaaten des

00:09:00: Einheitspatentsystems hochrechnet, sehr günstig.

00:09:03: Jetzt zu einer weiteren wichtigen Frage.

00:09:05: Wie setze ich denn jetzt

00:09:06: so ein Einheitspatent gegen einen Verletzer durch und gibt

00:09:09: es Vorteile gegenüber der Durchsetzung eines klassischen

00:09:13: validierten Bündelpatents?

00:09:17: Ein Vergleich mit dem bisherigen System hilft vielleicht,

00:09:19: um den Unterschied zu verdeutlichen.

00:09:22: Bisher musste ich ein europäisches Patent das in ein Bündel

00:09:25: nationale Patente zerfallen war,

00:09:26: in jedem einzelnen Land durchsetzen.

00:09:28: Das führte oft dazu,

00:09:29: dass eine Verletzungsfrage in einem Land anders beurteilt

00:09:32: wurde als in einem anderen.

00:09:34: Dieses Ungleichgewicht konnte auch taktisch

00:09:36: ausgenutzt werden.

00:09:37: Mit dem europäischen Einheitspatent gibt es nun das

00:09:40: Einheitliche Patentgericht oder auch UPC auf Englisch,

00:09:42: das zentral Recht spricht, nicht nur in Verletzungsfragen,

00:09:46: sondern auch bei der Nichtigkeit eines Einheitspatents.

00:09:49: Das bedeutet,

00:09:50: dass ein Einheitspatent zentral für alle Mitgliedsstaaten

00:09:52: für nichtig erklärt werden kann,

00:09:54: während umgekehrt auch eine Verletzung zentral in allen

00:09:57: Mitgliedstaaten geahndet werden kann.

00:09:59: Der große Vorteil des Einheitlichen Patentgerichts besteht

00:10:02: also darin, dass es einen einheitlichen Spruchkörper gibt,

00:10:06: der für alle Mitgliedstaaten des Einheitspatentsystems eine

00:10:08: Patentverletzung zentral entscheiden kann.

00:10:11: Dadurch entfällt das Problem,

00:10:13: dass unterschiedliche Gerichte in verschiedene Staaten

00:10:15: möglicherweise zu unterschiedlichen Ergebnissen und

00:10:17: Urteilen kommen.

00:10:19: Jetzt hast du vor aber schon angesprochen,

00:10:21: dass der UPC nicht nur für die Verletzung zuständig ist,

00:10:24: sondern auch für die Nichtigerklärung eines

00:10:25: europäischen Patents.

00:10:26: Wie schaut es denn da aus und gibt es eine Möglichkeit,

00:10:29: den vielleicht zu entziehen?

00:10:31: Die Einführung eines neuen Gerichts wie der UPC bringt

00:10:34: sicherlich die Sorge mit sich,

00:10:35: ob genügend Teilnehmer für ein solches System gewonnen

00:10:38: werden können und ob das Interesse auch groß genug ist.

00:10:41: Um dem UPC etwas Starthilfe zu geben,

00:10:43: gilt die Standardregel, dass nicht nur Einheitspatente,

00:10:46: sondern auch klassisch in den Mitgliedstaaten des

00:10:47: Einheitspatentsystems validierte Patente der Gerichtsbarkeit

00:10:50: des UPC unterlegen.

00:10:52: Allerdings kann ich das bei klassisch validierten Patenten

00:10:55: ändern und zwar indem ich einen Opt-out-Antrag stelle.

00:10:59: Dieser Antrag entzieht die klassisch validierten Patente der

00:11:01: Zuständigkeit des UPC.

00:11:03: Bei Einheitspatenten ist ein Opt-out nicht möglich,

00:11:06: da dies dem Konzept eines Einheitspatents

00:11:07: widersprechen würde.

00:11:09: Ich kann den Opt-out-Antrag einmal zurücknehmen,

00:11:12: aber danach ist ein erneutes Hin-

00:11:14: und Herwechseln nicht mehr möglich.

00:11:16: Wichtig ist auch,

00:11:17: dass wenn einmal ein Verfahren anhängig gemacht wurde,

00:11:20: ich an den jeweiligen Spruchkörper gebunden bin. Das bedeutet, wenn ich den Opt-Out Antrag gestellt habe

00:11:25: und ein nationales Verfahren läuft, kann ich den Opt-out nicht mehr zurückziehen,

00:11:29: um das Verfahren vor das UPC zu bringen.

00:11:32: Umgekehrt, wenn ich keinen Opt-out-Antrag gestellt habe,

00:11:35: habe ich die Wahl, ob ich vor dem UPC oder vor ein

00:11:37: nationales Gericht ziehe.

00:11:39: Auch diese Entscheidung ist bindend für

00:11:41: zukünftige Verfahren.

00:11:42: Das heißt, also wenn ich einmal national vorgegangen bin,

00:11:45: bleibt das Verfahren dort und wenn ich das UPC gewählt habe,

00:11:48: bleibt es ebenfalls in dessen Zuständigkeit.

00:11:52: Das bedeutet, dass ein zentrales Nichtigkeitsverfahren das

00:11:55: gesamte europäische Patent in allen Mitgliedsstaaten des

00:11:58: Einheitspatents betrifft, es sei denn,

00:12:00: man hat einen Opt-out-Antrag gestellt,

00:12:02: um klassische validierte Patente der Zuständigkeit des UPC

00:12:05: zu entziehen.

00:12:07: Für Einheitspatente, also Patente im Einheitspatentsystem,

00:12:11: ist der UPC zwingend auch für die Nichtigkeit zuständig,

00:12:14: da es widersinnig wäre,

00:12:15: wenn sich ein Einheitspatent der Gerichtsbarkeit des UPCs

00:12:18: entziehen könnte.

00:12:20: Fassen wir also zusammen.

00:12:22: Das Einheitspatentsystem ist ein relativ neues System,

00:12:25: das erst vor kurzem geschaffen wurde und sich noch in seinen

00:12:27: Anfängen befindet.

00:12:29: Es wird durch Verordnungen des Europäischen Parlaments und

00:12:32: des Europäischen Rates geregelt und basiert auf der

00:12:35: verstärkten Zusammenarbeit von Mitgliedstaaten der

00:12:37: Europäischen Union.

00:12:38: Alldings sind nicht alle EU-Mitglieder auch Teil dieses

00:12:41: Einheitspatentsystems.

00:12:45: Tatsächlich kann sich die Anzahl der Mitgliedstaaten des

00:12:48: Einheitspatentsystems laufend ändern,

00:12:50: da das System offen ist und weitere EU-Staaten dem

00:12:53: Einheitspatentsystem beitreten können.

00:12:55: Ein europäisches Einheitspatent,

00:12:57: also ein europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung,

00:13:00: kann ich erwirken, indem ich innerhalb einer Frist von einem

00:13:02: Monat nach der Veröffentlichung des Hinweises auf die

00:13:05: Erteilung einen entsprechenden Antrag sowie die

00:13:07: erforderlichen Unterlagen und die vorgeschriebene

00:13:10: Übersetzung einreiche.

00:13:12: Die Jahresgebühren für ein europäisches Einheitspatent sind

00:13:14: zentral an das Europäische Patentamt zu entrichten und

00:13:17: deutlich günstiger als die Gebühren, die anfallen würden,

00:13:20: wenn man für alle Mitgliedstaaten des Einheitspatentsystems

00:13:23: separat die klassischen Jahresgebühren zahlen müsste.

00:13:26: Der große Vorteil des Einheitspatents ist,

00:13:28: dass Verletzungsfragen zentral vom Einheitlichen

00:13:31: Patentgericht verhandelt werden.

00:13:33: Das Gericht trifft eine für alle Mitgliedstaaten bindende

00:13:35: und einheitliche Entscheidung.

00:13:38: Gleichzeitig entscheidet das Einheitliche Patentgericht auch

00:13:41: über die Rechtsbeständigkeit von Einheitspatenten. Aber auch

00:13:45: für klassisch validierte Patente ist das Einheitliche

00:13:49: Patentgericht zuständig,

00:13:50: sofern kein entsprechender Opt-out-Antrag gestellt wurde.

00:13:55: Das war eine Folge zum Thema Einheitspatent.

00:13:57: Vielen Dank, Gerd, und vielen Dank für Ihr Interesse.

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