Einspruchsverfahren und Änderungen
Shownotes
In dieser Folge sprechen Gerd Hübscher und Michael Stadler über den Ablauf des Einspruchsverfahrens und die Möglichkeiten zur Änderung der Patentansprüche für den Patentinhaber. Das Einspruchsverfahren ist ein zweiseitiges, streitiges Verfahren zwischen dem Patentinhaber und dem Einsprechenden vor dem Europäischen Patentamt (EPA). Um auf die vorgebrachten Einspruchsgründe und den neuen Stand der Technik zu reagieren, kann der Patentinhaber sowohl eine rein argumentative Verteidigung versuchen oder aber, es werden geänderte Ansprüche verteidigt.
Patentinhaber können also geänderte Patentansprüche einreichen, um diese vom neu geltend gemachten Stand der Technik abzugrenzen oder Einspruchsgründe anderweitig zu entkräften. Diese Änderungen dürfen jedoch weder die ursprüngliche Offenbarung überschreiten (Art. 123 (2) EPÜ) noch den Schutzbereich erweitern (Art. 123 (3) EPÜ). Hilfsanträge ermöglichen es dem Patentinhaber, Rückzugspositionen zu schaffen und eine schrittweise Verteidigung zu führen, da die Einspruchsabteilung die Anträge in der gewünschten Reihenfolge nacheinander abarbeitet. Das Einspruchsverfahren endet entweder mit der Zurückweisung des Einspruchs, dem vollständigen Widerruf des Patents oder der beschränkten Aufrechterhaltung des Patents, in der Regel im Umfang eines Hilfsantrags. In letzterem Fall wird eine neue Patentschrift mit der Kennzeichnung B2 veröffentlicht. Die Entscheidung über den Einspruch ist rückwirkend (ex tunc) wirksam, sodass die Wirkung des Patents im widerrufenen Umfang als von Anfang an nicht eingetreten gilt.
Das Verfahren erfordert zudem eine rechtzeitige Vorlage von Beweismitteln und Argumenten, da verspätetes Vorbringen nach Ermessen der Einspruchsabteilung nicht berücksichtigt werden muss. Entscheidungen der Einspruchsabteilung können mittels Beschwerde angefochten werden. Für beschränkte Patente sind nach Abschluss des Verfahrens erneute Validierungen in den jeweiligen Vertragsstaaten erforderlich.
Zitierte Rechtsvorschriften, Artikel und Regeln:
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00:00:06: Willkommen zum IP Courses Podcast.
00:00:10: Dem Podcast für gewerblichen Rechtsschutz.
00:00:15: Mein Name ist Gerd Hübscher.
00:00:16: Heute spreche ich mit Michael Stadler über den Ablauf des
00:00:19: Einspruchsverfahrens und Änderungen des Patents.
00:00:22: Hallo Michael.
00:00:24: Hallo Gerd. Das Einspruchsverfahren ist ein zweiseitiges
00:00:26: und streitiges Verfahren vor dem Europäischen Patentamt,
00:00:29: in dem sich der Patentinhaber und ein Einsprechender
00:00:31: gegenüber stehen.
00:00:33: Der Patentinhaber kann auf den Einspruch beziehungsweise den
00:00:36: Stand der Technik mit Änderungen seiner Patentansprüche
00:00:39: reagieren und auch der Einsprechende wird typischerweise,
00:00:42: nachdem einmal Änderungen vorgenommen wurden,
00:00:44: seinerseits mit neuem Stand der Technik und neuen Argumenten
00:00:46: argumentieren.
00:00:48: Und wenn man diesem Hin und Her nicht Einhalt gebietet,
00:00:51: dann kann es da durchaus zu einem praktisch ewigen
00:00:54: Ping-Pong-Spiel kommen,
00:00:55: ohne dass es hier zu einem wirklichen Ergebnis kommt.
00:00:58: Und das ist das Verfahrensrecht, um das es hier gehen wird,
00:01:03: wie Änderungen im Einspruchsverfahren vorgenommen werden.
00:01:07: Wo ist denn dieses Verfahrensrecht im EPÜ geregelt?
00:01:11: Das Verfahrensrecht ist in Artikel 101, erster Absatz,
00:01:16: EPÜ geregelt.
00:01:17: Da steht sehr detailliert beschrieben,
00:01:19: dass bei der Prüfung der Berechtigung des Einspruchs die
00:01:23: Einspruchsabteilung alle Beteiligten so oft wie erforderlich
00:01:27: Stellungnahmen einzureichen,
00:01:29: Schriftsätze einzureichen und dass auch die
00:01:33: Einspruchsabteilung selbst Bescheide herausgeben kann.
00:01:36: Es ist also ein interaktives Verfahren,
00:01:38: das hier stattzufinden hat.
00:01:41: Und in der Ausführungsordnung in Regel 79 steht auch
00:01:44: geschrieben, dass der Inhaber jedenfalls innerhalb einer zu
00:01:47: bestimmenden Frist, das sind typischerweise vier Monate,
00:01:50: seine Patentansprüche ändern kann und dass auch ihm die
00:01:53: Möglichkeit eingeräumt werden muss, hier Stellung zu nehmen,
00:01:56: zum Einspruch.
00:01:58: Nehmen wir an,
00:01:59: im klassischen Fall eines Einspruchs ist der Patentinhaber
00:02:01: mit neuem Stand der Technik konfrontiert,
00:02:04: der die Patentfähigkeit seines Patents zumindest
00:02:06: in Frage stellt.
00:02:07: Wie kann er jetzt darauf reagieren?
00:02:10: Grundsätzlich kann er seinem Standpunkt beharren und um
00:02:12: die erteilten Patentansprüche streiten.
00:02:14: Er kann argumentieren,
00:02:16: dass der Einspruch einfach nicht berechtigt ist und eben
00:02:18: genau das erklären.
00:02:20: Er kann aber auch seine Patentansprüche ändern.
00:02:23: Zum Beispiel, weil er einsieht,
00:02:24: in dieser Form kann ich meinen Patentanspruch einfach nicht
00:02:28: beibehalten und dann kann argumentieren,
00:02:31: warum das Patent in einer neuen Fassung doch zulässig ist.
00:02:35: Was nicht funktioniert, sind rein kosmetische Änderungen,
00:02:38: zum Beispiel das Hinzufügen von abhängigen Patentansprüchen,
00:02:41: die mein Anmelderverfahren einfach vergessen hat.
00:02:43: Änderungen die man im Einspruchsverfahren macht,
00:02:45: müssen nämlich immer durch Einspruchsgründe irgendwie verursacht sein.
00:02:49: Aufgrund der Regel 80, die im Einspruchsverfahren gilt,
00:02:52: sind unsere Gestaltungsmöglichkeiten als Patentinhaber
00:02:54: gegenüber dem Anmelderverfahren beschränkt.
00:02:58: Als Reaktion auf einen Einspruch kann der Patentinhaber
00:03:01: also entweder seine bestehenden Ansprüche beibehalten und
00:03:04: diese verteidigen oder er kann die Ansprüche entsprechend
00:03:08: ändern, um auf diese Weise zu einer rechtsbeständigen
00:03:11: Fassung zu kommen.
00:03:13: Wenn er Änderungen vornimmt,
00:03:14: muss er auch entsprechend argumentieren,
00:03:16: warum diese Änderungen gerechtfertigt sind.
00:03:18: Was im Einspruchsverfahren nicht zulässig ist,
00:03:20: sind Änderungen, die nicht durch Einspruchsgründe
00:03:22: gestützt sind bzw.
00:03:24: durch diese veranlasst werden.
00:03:26: Ich kann ja als Patentinhaber bzw.
00:03:28: auch als Einsprechender nicht genau wissen,
00:03:30: was die Einspruchsabteilung sieht und was sie denkt.
00:03:33: Welche Möglichkeiten habe ich denn,
00:03:35: meine Änderungen in irgendeiner Weise abzustufen oder
00:03:39: unterschiedlich weit zu beschränken, je nachdem,
00:03:41: was denn dann die Meinung der Einspruchsabteilung sein wird?
00:03:45: Ja, der Patentinhaber kann, wie im Anmeldeverfahren auch,
00:03:49: grundsätzlich Hilfsanträge stellen.
00:03:51: Das bedeutet, wenn es mehrere Möglichkeiten gibt,
00:03:54: das Patent zu verstehen oder auch den Stand der Technik zu
00:03:57: verstehen und man dementsprechend als Einspruchsabteilung zu
00:04:00: unterschiedlichen Lösungen kommen kann,
00:04:03: ob jetzt das Patent in der einen Form berechtigt ist oder
00:04:06: nicht, dann kann ich als Patentinhaber dem Patentamt
00:04:09: Optionen geben.
00:04:10: Das heißt, in erster Hinsicht hätte ich gerne,
00:04:13: dass der Patentanspruch bleibt, wie er ist und das Patent,
00:04:16: wie erteilt, aufrechterhalten wird.
00:04:19: Der Einspruch also zurückgewiesen wird.
00:04:21: Wenn das aber nicht möglich ist,
00:04:23: dann hätte ich gerne eine andere,
00:04:24: sehr breite Fassung und wenn das auch nicht möglich ist,
00:04:27: dann hätte ich gerne eine engere Fassung.
00:04:29: Und so kann ich mich als Patentinhaber an den endgültigen
00:04:32: Schutzbereich den ich möglicherweise erhalten werde,
00:04:34: herantasten.
00:04:39: Mit Hilfsanträgen bringe ich eben genau das zum Ausdruck: Ich formuliere einen Hauptantrag,
00:04:41: der zum Beispiel auf Zurückweisung des Einspruchs lautet und
00:04:44: dann folgen Hilfsanträge,
00:04:46: die immer engere Fassungen vorgeben.
00:04:49: Das gibt mir die Möglichkeit, mein Begehren zu staffeln,
00:04:52: dass ich für den Fall, dass das Patent in einer Fassung
00:04:54: nicht bleiben kann, eine Rückzugsposition habe.
00:04:57: Wenn ich das nicht machen würde,
00:04:58: dann hätte ich genau eine Chance und wenn das Patent,
00:05:02: so wie es erteilt ist, eben nicht aufrechterhalten werden
00:05:04: kann, dann würde ich mein Patent sofort zur Gänze verlieren und das kann ich
00:05:07: eben durch Hilfsanträge vermeiden.
00:05:10: Ich muss mich also nicht sofort auf eine besonders enge
00:05:12: Anspruchsfassung festlegen.
00:05:14: Ich habe auch die Möglichkeit,
00:05:15: meine Anträge zu staffeln und in Form eines Hauptantrags und
00:05:18: eines oder mehrerer Hilfsanträge zu formulieren,
00:05:21: wobei dann die Einspruchsabteilung diese Anträge
00:05:23: nacheinander prüft und dem Antrag stattgibt,
00:05:26: der als erstes gewährbar erscheint.
00:05:29: Nehmen wir an, dass ich im Rahmen meiner Überprüfung schon
00:05:31: festgestellt habe, dass die Aufnahme eines ganz bestimmten
00:05:33: Merkmals Patentierbarkeit herstellen würde.
00:05:36: Kann ich das einfach in den Patentanspruch aufnehmen?
00:05:40: Ja, grundsätzlich ist die Aufnahme von Merkmalen aus der
00:05:42: Beschreibung auch während des Einspruchsverfahrens ohne
00:05:45: Weiteres möglich.
00:05:46: Ich habe natürlich wie im Anmeldeverfahren auch die
00:05:48: Vorschrift des Artikel 123 (2) EPÜ.
00:05:51: Alle Änderungen die ich jetzt einbringe,
00:05:53: die müssen natürlich auch durch die ursprünglichen
00:05:55: Anmeldungsunterlagen gedeckt sein.
00:05:57: Also ich kann jetzt nicht einfach hergehen und völlig neue
00:05:59: Merkmale erfinden und die den Patentansprüchen hinzufügen.
00:06:04: Ich muss auch im Einspruchsverfahren immer sagen,
00:06:06: dass die Merkmale die ich jetzt in einem Schutzbegehren
00:06:08: weiter verfolge,
00:06:10: dass eine bestimmte Stützung oder eine bestimmte Offenbarung
00:06:13: in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen
00:06:15: haben.
00:06:18: Es ist also möglich, dass ich Merkmale ergänze als
00:06:20: Abgrenzung gegenüber dem Stand der Technik.
00:06:23: Ich muss dabei aber darauf achten,
00:06:24: dass ich die ursprüngliche Offenbarung meiner Anmeldung
00:06:27: nicht überschreite,
00:06:28: weil das zur Nichtigkeit des Patents führen würde.
00:06:31: Wenn ich umgekehrt feststelle,
00:06:33: dass ein Merkmal das im Anspruch schon vorhanden war,
00:06:35: gar nicht nötig war, also wenn ich jetzt quasi ein
00:06:37: bestehendes Merkmal ersetzen oder streichen wollte,
00:06:40: wäre das möglich?
00:06:42: Hier sind die Regelungen nach der Erteilung noch ein
00:06:44: bisschen strenger als während des Anmeldeverfahrens.
00:06:47: Schon im Anmeldeverfahren haben wir das Problem,
00:06:49: dass eine Verallgemeinerung mitunter aus dem Kontext
00:06:52: gerissen einen Verstoß gegen Artikel 123 Absatz 2 bedeutet.
00:06:56: Im Einspruchsverfahren ist es aber definitiv ausgeschlossen,
00:06:59: denn eine Aufweitung oder Streichung eines Merkmals eines
00:07:02: Patentanspruchs, die führt zur Erweiterung des
00:07:04: Schutzbereichs und das ist nicht erlaubt.
00:07:07: Denn letztendlich fallen ja durch Streichung eines Merkmals
00:07:10: mehr Gegenstände unter dem Patentanspruch als bei der
00:07:13: erteilten Fassung.
00:07:15: Eine Streichung eines Merkmals kann ich auf Grund des
00:07:18: Artikel 123 (3)EPÜ nicht mehr vornehmen.
00:07:22: Und auch wenn der Artikel 123 (3)EPÜ jetzt kein Einspruchsgrund für
00:07:25: sich ist, muss man bei jeder Vorlage neuer Patentansprüche
00:07:29: sich jetzt immer ansehen,
00:07:30: ob ein solcher neu vorgelegter Patentanspruch den
00:07:33: Schutzbereich erweitert oder nicht.
00:07:35: Das heißt, ob in diesem neu vorgelegten Patentanspruch
00:07:37: irgendetwas umfasst war,
00:07:39: das von der erteilten Fassung nicht mit umfasst war.
00:07:42: Der Hintergrund ist hier ein Verkehrsschutzinteresse.
00:07:44: Das heißt, die Allgemeinheit hat ein Recht darauf,
00:07:46: sich zu verlassen, dass Dinge,
00:07:48: die nicht unter die erteilte Fassung fallen,
00:07:50: dann später vom Patent nicht irgendwie doch
00:07:52: abgedeckt werden.
00:07:54: Ich muss also bei der Änderung von Patenten im
00:07:56: Einspruchsverfahren nicht nur darauf achten,
00:07:58: dass ich bei diesen Änderungen nicht die ursprüngliche
00:08:01: Offenbarung überschreite,
00:08:02: sondern ich muss gleichzeitig auch darauf achten,
00:08:05: dass der Schutzbereich nicht erweitert wird.
00:08:08: Wenn ich der Einsprechende bin und ich habe einen
00:08:10: wunderbaren Stand der Technik der neuheitsschädlich ist,
00:08:13: kann ich das Verfahrensrecht irgendwie zu meinen Gunsten
00:08:16: taktisch nutzen?
00:08:17: Kann ich zum Beispiel mit dem Stand der Technik warten und
00:08:20: ihn erst ganz kurz vor der mündlichen Verhandlung vorlegen,
00:08:23: damit dann der Inhaber keine Zeit mehr hat,
00:08:25: sich darauf vorzubereiten?
00:08:26: Würde das Sinn machen?
00:08:28: Es ist grundsätzlich möglich und wenn das
00:08:30: so zugelassen würde im Verfahren,
00:08:32: dann hätte der Patentinhaber natürlich eine sehr ungünstige
00:08:35: Position, weil er sich kurzfristig überlegen müsste,
00:08:38: ob an seinem Patent vielleicht noch irgendetwas anderes neu
00:08:41: und erfinderisch ist.
00:08:43: Das Problem bei dieser Vorgehensweise ist aber,
00:08:46: dass das wahrscheinlich verspätet wäre und vom Patentamt
00:08:50: auch zurückgewiesen werden könnte.
00:08:52: Das Patentamt muss da eine gewisse Abwägung treffen,
00:08:55: ob dieses Dokument noch so relevant ist,
00:08:57: dass es zugelassen werden kann oder nicht.
00:09:00: Und das kann im Einzelfall dazu führen,
00:09:01: dass das Europäische Patentamt dem Einsprechenden auch sagen
00:09:04: kann, na das hättest du früher vorlegen müssen,
00:09:06: das schauen wir uns jetzt gar nicht mehr an.
00:09:08: Dadurch wird der Einsprechende dazu gezwungen,
00:09:10: den Aufwand eines nationalen Nichtigkeitsverfahrens auf sich zu
00:09:13: nehmen und das würde zu sehr hohen Kosten führen.
00:09:18: Was noch passieren kann, ist,
00:09:20: dass die mündliche Verhandlung zum Beispiel neu angesetzt
00:09:23: werden muss und dass dem Einsprechenden für diese Aktion die
00:09:27: Kosten auferlegt werden.
00:09:29: Sinnvoll ist es also für den Einsprechenden, seine Karten
00:09:31: so früh wie möglich auf den Tisch zu legen,
00:09:33: jeden Stand der Technik, den man so gefunden hat,
00:09:36: so früh wie möglich der Einspruchsabteilung zu zeigen und
00:09:39: auch entsprechende Argumentationen vorzubereiten.
00:09:42: Es zwar den Nachteil,
00:09:43: dass der Patentinhaber dann darauf reagieren kann,
00:09:45: es wird allerdings im Einspruchsverfahren von der
00:09:47: Einspruchsabteilung auch sicherlich berücksichtigt werden.
00:09:50: Um zu vermeiden,
00:09:52: dass ein entsprechendes Vorbringen das verspätet angesehen
00:09:55: wird, empfiehlt es sich also
00:09:56: so früh wie möglich alle Beweismittel und natürlich auch
00:09:59: alle Argumente auf den Tisch zu legen,
00:10:01: damit die jeweils andere Partei keinen Grund hat zu
00:10:04: behaupten, dass er sich nicht entsprechend darauf
00:10:06: vorbereiten konnte.
00:10:07: Wenn die mündliche Verhandlung stattgefunden hat,
00:10:10: wie entscheidet die Einspruchsabteilung?
00:10:13: Es gibt grundsätzlich drei Arten,
00:10:14: wie die Einspruchsabteilung entscheiden kann über einen
00:10:16: Einspruch der einmal zulässigerweise eingelegt worden ist.
00:10:20: Das erste ist die Zurückweisung des Einspruchs.
00:10:22: Hier stellt die Einspruchsabteilung fest, das Patent,
00:10:25: so wie es ist, passt und kann bleiben wie es ist.
00:10:28: Keiner der Einspruchsgründe liegt vor und es gibt keinen
00:10:30: Grund, das Patent zu widerrufen.
00:10:32: Also praktisch der Patentinhaber hat gewonnen.
00:10:36: Es gibt natürlich auch den genau gegenteiligen Fall,
00:10:39: den bezeichnet man als den Widerruf des Patents.
00:10:41: Es liegt ein Einspruchsgrund vor,
00:10:43: der kann auch nicht ausgeräumt werden durch
00:10:45: den Patentinhaber.
00:10:46: Das Patent wird widerrufen.
00:10:47: Die Wirkungen des Patents gelten damit als rückwirkend
00:10:50: nicht eingetreten.
00:10:51: Das heißt also, der Einsprechende hat gewonnen.
00:10:54: Gibt es auch quasi ein Unentschieden?
00:10:56: In gewisser Weise ja.
00:10:58: Es kann auch sein, dass das Patent zwar bestehen bleibt,
00:11:01: aber beschränkt werden muss.
00:11:03: Und typischerweise passiert das in einer der Fassungen,
00:11:06: die in einem Hilfsantrag eben vom Patentinhaber
00:11:09: angegeben wurden.
00:11:11: Es muss dann ein neuer Satz von Patentansprüchen vorliegen
00:11:13: und dieser Satz von Patentansprüchen erfüllt dann eben
00:11:16: alle Voraussetzungen.
00:11:17: Das heißt, diesen trifft dann keiner der
00:11:19: Einspruchsgründe mehr zu.
00:11:21: Die Einspruchsabteilung muss dann über die Hilfsanträge der
00:11:24: Reihe nach entscheiden und erst wenn keiner der Hilfsanträge
00:11:27: zulässig ist, erst dann kann sie das Patent widerrufen.
00:11:31: Das passiert in der mündlichen Verhandlung typischerweise
00:11:34: ganz genau so,
00:11:35: dass zuerst über den Hauptantrag entschieden wird.
00:11:38: Beide Parteien bringen ihre Argumente zum Hauptantrag vor.
00:11:41: Dann zieht sich die Einspruchsabteilung zurück,
00:11:43: kommt wieder, entscheidet über den Hauptantrag.
00:11:45: Wenn der unzulässig war, wird über den ersten Hilfsantrag,
00:11:47: den zweiten, den dritten und so weiter entschieden.
00:11:50: Und im Fall eines Widerrufs eines Patents mit mehreren
00:11:52: Hilfsanträgen dauert es eben sehr, lange.
00:11:55: In dem Fall wird dann nämlich über jeden einzelnen der
00:11:57: Hilfsanträge einzeln verhandelt und einzeln entschieden.
00:12:00: Die Einspruchsabteilung entscheidet also über alle
00:12:03: vorliegenden Anträge, Hauptanträge genauso wie Hilfsanträge.
00:12:07: Und das kann zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.
00:12:09: Entweder das Patent bleibt im ursprünglichen Umfang bestehen
00:12:12: und zwar dann, wenn kein Einspruchsgrund vorliegt.
00:12:16: Es kann auch das nämlich,
00:12:18: dass das Patent vollständig widerrufen wird.
00:12:21: Und es kann auch ein Unentschieden geben,,
00:12:24: dass das Patent in irgendeiner Form beschränkt werden muss.
00:12:27: In dieser beschränkten Form dann aber durchaus aufrecht
00:12:29: bleiben kann.
00:12:31: Nehmen wir an, dieser letzte Fall tritt ein.
00:12:34: Das Patent wird also in beschränkter Form aufrecht erhalten.
00:12:37: Wie geht es dann weiter?
00:12:39: In dieser Form gibt es jetzt ein öffentliches Interesse
00:12:41: daran zu wissen, wie das Patent in der geänderten Form genau
00:12:45: aussieht.
00:12:46: Und wir haben das bei der Erteilung schon besprochen.
00:12:48: Da wird eine Patentschrift herausgegeben,
00:12:51: in der eben der Text drinnen steht,
00:12:53: den das Patentamt für in Ordnung befunden hat.
00:12:55: Und genauso läuft es im Einspruchsverfahren auch,
00:12:57: wenn das Patent in beschränkter Weise aufrechterhalten wird.
00:13:01: Auch dann wird eine Patentschrift herausgegeben.
00:13:03: Man nennt die eine neue Patentschrift und die hat den Kind
00:13:07: Code bzw.
00:13:08: das Dokumentenkürzel B2.
00:13:14: Im wesentlichen wird dabei gewartet, bis die Entscheidung des Europäischen Patentamts über den Einspruch
00:13:16: rechtskräftig ist.
00:13:17: Das heißt, es wird auch eine allfällige Beschwerde
00:13:20: abgewartet.
00:13:21: Und dann im Nachgang an dieses streitige Verfahren gibt es
00:13:24: eben noch einen nicht streitigen Teil.
00:13:26: Das funktioniert im Wesentlichen
00:13:28: so wie das Verfahren nach Regel 71 (3) EPÜ.
00:13:30: Im Einspruchsverfahren regelt das die Regel 86 EPÜ.
00:13:33: Auch hier muss der Patentinhaber Übersetzungen seiner
00:13:35: Patentansprüche vorlegen.
00:13:37: Und wenn dieses Verfahren abgeschlossen ist kommt es zu
00:13:40: einer neuen Veröffentlichung.
00:13:42: Die Entscheidung des Europäischen Patentamts,
00:13:45: also die Beschränkung, die tritt dann rückwirkend in Kraft.
00:13:49: Das heißt, das Patent wird so behandelt,
00:13:51: als wäre es immer schon so beschränkt gewesen,
00:13:54: wie es eben in der neuen B2-Schrift beschrieben ist.
00:13:58: Anschließend muss das Patent neuerlich in den einzelnen
00:14:01: Vertragsstaaten des EPÜ validiert werden,
00:14:03: wie das eben auch nach der Erteilung des Patents
00:14:06: notwendig ist.
00:14:07: Wird ein Patent im Rahmen des Einspruchsverfahrens nicht
00:14:10: vollständig widerrufen,
00:14:11: sondern kann es im beschränkten Umfang aufrecht bleiben,
00:14:14: dann erfordert das dass die Patentschrift auch neu
00:14:16: herausgegeben wird.
00:14:18: Als Voraussetzung für diese Patentschrift mit dem Kind Code B2
00:14:21: ist verfahrensrechtlich das gleiche Prozedere wie bereits
00:14:24: bei der Patenterteilung vorgesehen, analog zur Regel 71 (3) EPÜ,
00:14:29: die Regel 86 EPÜ.
00:14:31: Mit der Herausgabe der neuen Patentschrift sind dann auch
00:14:34: nationale Validierungen neu vorzunehmen.
00:14:37: Die Entscheidung der Einspruchsabteilung tritt
00:14:39: rückwirkend in Kraft.
00:14:40: Das heißt, das Patent hat es im breiterem Umfang dann nie
00:14:43: gegeben.
00:14:44: Fassen wir also zusammen,
00:14:46: das Einspruchsverfahren ist ein streitiges Verfahren
00:14:48: zwischen dem Einsprechenden und dem Patentinhaber.
00:14:51: Sowohl der Patentinhaber als auch der Einsprechende können
00:14:54: während des Verfahrens neue Argumente und Verteidigungen
00:14:56: vorbringen.
00:14:58: Das Verfahrensrecht des EPÜ stellt dabei sicher,
00:15:00: dass das Verfahren dennoch geregelt zu einem Abschluss kommt
00:15:03: und die Argumente nicht ausufern.
00:15:05: So hat der Patentinhaber beispielsweise die Möglichkeit,
00:15:08: Ansprüche im Einspruchsverfahren zu ändern und beschränkt zu
00:15:11: verteidigen um zu versuchen den vorgebrachten Einspruchsgrund und
00:15:14: dem Stand der Technik
00:15:15: in irgendeiner Weise entgegenzutreten.
00:15:18: Durch das Einreichen eines Hauptantrags und eines oder
00:15:21: mehrerer Hilfsanträge kann der Patentinhaber seinen Begehren
00:15:24: staffeln und unterschiedliche Rückzugspositionen
00:15:26: schaffen bzw.
00:15:27: auch unterschiedliche Argumentationslinien zur Verteidigung
00:15:30: ermöglichen.
00:15:31: Die Anträge werden in der vom Antragsteller vorgegebenen
00:15:34: Reihenfolge von der Einspruchsabteilung geprüft und sobald
00:15:37: ein Antrag als zulässig erachtet wird,
00:15:39: wird das Verfahren entsprechend an der Stelle beendet oder
00:15:42: weitergeführt.
00:15:44: Auch im Einspruchsverfahren gilt jedoch,
00:15:46: dass Änderungen die ursprüngliche Offenbarung nicht
00:15:48: überschreiten dürfen.
00:15:50: Zusätzlich darf auch der Schutzbereich des Patents
00:15:52: nachträglich nicht gegenüber der erteilten Fassung
00:15:54: erweitert werden.
00:15:55: Das sind also die Bestimmungen von Artikel 123 Absatz 2 und
00:15:59: 3 EPÜ.
00:16:01: Ein weiterer Aspekt ist,
00:16:03: dass Argumente und Beweismittel im Verfahren möglichst
00:16:05: frühzeitig vorgebracht werden sollten,
00:16:07: da die Einspruchsabteilung verspätet vorgebrachte
00:16:10: Beweismittel und Argumente nicht berücksichtigen muss.
00:16:13: Das Ende des Einspruchsverfahrens ist die Entscheidung der
00:16:16: Einspruchsabteilung,
00:16:17: wobei entweder der Einspruch zurückgewiesen wird und das
00:16:21: Patent unverändert aufrecht bleibt oder das Patent
00:16:24: vollständig widerrufen wird oder aber der dazwischenliegende Weg,
00:16:28: nämlich dass das Patent zwar aufrecht erhalten bleiben kann,
00:16:31: aber nur im beschränkten Umfang.
00:16:33: Ist das der Fall,
00:16:35: dann wird auch eine neue Patentschrift herausgegeben in
00:16:37: einem Verfahren, analog zum Abschluss des
00:16:39: Erteilungsverfahrens erfolgt.
00:16:42: In dem Fall ist auch eine neue Validierung erforderlich.
00:16:45: Die Entscheidung der Einspruchsabteilung gilt rückwirkend.
00:16:48: Das heißt,
00:16:49: ein entsprechend beschränktes europäisches Patent gilt als
00:16:52: von Anfang an beschränkt oder ein generell widerrufendes
00:16:55: Patent gilt als von Anfang an widerrufen.
00:16:59: Das war eine Folge zum Thema Einspruchsverfahren und
00:17:01: Änderungen.
00:17:02: Vielen Dank Michael und vielen Dank für Ihr Interesse.
00:17:11: Das war ein IP Courses Podcast. Für Feedback schreiben Sie uns an podcast@ipcourses.org.
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