Veröffentlichung der Anmeldung - Ältere Rechte

Shownotes

In dieser Podcast-Folge diskutieren Michael Stadler und Lukas Fleischer über die Veröffentlichung von Patentanmeldungen und deren rechtliche Auswirkungen. Die Veröffentlichung einer Patentanmeldung, die 18 Monate nach dem Anmeldetag oder dem frühesten Prioritätstag erfolgt, macht den Inhalt der Anmeldung öffentlich. Dieser Schritt schützt einerseits Dritte, da diese sich nun über den Inhalt der Patentanmeldung informieren können, und gewährt andererseits dem Anmelder vorläufigen Schutz, sodass potenzielle Verletzer belangt werden können, also zumindest zur Zahlung eines angemessenen Entgelts oder einer Schadenersatzzahlung verpflichtet werden können. Es gibt die Möglichkeit, die vorzeitige Veröffentlichung zu beantragen oder sie durch eine rechtzeitige Zurücknahme zu verhindern.

Es wird auch besprochen, dass es sich bei einem sogenannten älteren Recht um eine frühere europäische Patentanmeldung handelt, die einen besseren Zeitrang aufweist als eine spätere (kollidierende) europäische Patentanmeldung, aber die frühere Anmeldung am Anmeldetag der späteren Anmeldung noch nicht veröffentlicht war. In diesem Fall kommt Art 54 Abs 3 EPÜ zur Anwendung, da die Offenbarung der früheren Anmeldung lediglich zur Beurteilung der Neuheit der stäteren Anmeldung herangezogen wird, nicht jedoch für die erfinderische Tätigkeit. Man spricht davon, dass die frühere Anmeldung Stand der Technik nach Art 54 Abs 3 EPÜ für die spätere (kollidierende) Anmeldung ist.

Die Veröffentlichung einer Patentanmeldung löst zudem bestimmte Verfahrensfristen aus, wie z. B. die für die Stellung des Prüfungsantrags, und gewährt der Öffentlichkeit das Recht auf Akteneinsicht.

Zitierte Rechtsvorschriften, Artikel und Regeln:

Transkript anzeigen

00:00:06: Willkommen zum IP Courses Podcast,

00:00:10: dem Podcast für gewerblichen Rechtsschutz.

00:00:16: Mein Name ist Michael Stadler.

00:00:17: Heute spreche ich mit Lukas Fleischer über das Thema

00:00:20: Veröffentlichung der Anmeldung und ihre Wirkungen.

00:00:22: Hallo Lukas. Hallo Michael.

00:00:24: Die Veröffentlichung der Patentanmeldung ist ein wichtiger

00:00:27: Schritt im Laufe des Anmeldeverfahrens,

00:00:29: denn der Inhalt der Anmeldung wird durch die

00:00:31: Veröffentlichung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

00:00:34: Dadurch gehört der Gegenstand der Anmeldung ab dem Datum der

00:00:38: Veröffentlichung jedenfalls nachprüfbar zum Stand der

00:00:41: Technik.

00:00:42: Die Veröffentlichung der Patentanmeldung beziehungsweise des

00:00:45: Recherchenberichts löst auch gewisse verfahrensrechtliche

00:00:47: Fristen aus, die es zu beachten gilt.

00:00:50: Und schlussendlich entfaltet die Patentanmeldung durch ihre

00:00:53: Veröffentlichung auch einen sogenannten vorläufigen Schutz,

00:00:56: der unter Umständen relevant sein kann und über das werden

00:00:58: wir heute reden.

00:01:00: Bevor wir uns mit den Detailregelungen der Veröffentlichung

00:01:03: beschäftigen,

00:01:04: wo finden wir denn die entsprechenden Bestimmungen im

00:01:06: europäischen Patentübereinkommen?

00:01:09: Die wichtigste Bestimmung in diesem Zusammenhang ist der

00:01:12: Artikel 93 Absatz 1. Dieser Artikel regelt die

00:01:17: Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung und legt

00:01:19: fest, dass das europäische Patentamt eine europäische

00:01:22: Patentanmeldung so bald wie möglich nach dem Ablauf von 18

00:01:26: Monaten nach dem Anmeldetag veröffentlicht.

00:01:28: Für den Fall, dass eine Priorität beansprucht wurde und die

00:01:32: Patentanmeldung damit einen früheren Zeitrang hat,

00:01:34: werden die 18 Monate ab diesem Prioritätstag gerechnet.

00:01:39: Es gibt auch eine Möglichkeit,

00:01:41: dass eine vorzeitige Veröffentlichung beantragt werden kann,

00:01:44: was in speziellen Situationen sinnvoll ist.

00:01:47: Was ist denn die grundlegende Überlegung hinter der

00:01:49: Anmeldungsveröffentlichung?

00:01:51: Weshalb wird diese zwangsweise durchgeführt,

00:01:54: so dass man manchmal auch von einer

00:01:55: Zwangsveröffentlichung spricht?

00:01:57: Die Veröffentlichung einer Patentanmeldung muss zwei

00:02:00: unterschiedliche Interessensgruppen befriedigen,

00:02:03: nämlich einerseits den Anmelder,

00:02:04: aber vor allem die Öffentlichkeit.

00:02:06: Es ist gewissermaßen ein Trade-off zwischen der

00:02:09: Informationspflicht, die den Anmelder trifft,

00:02:11: nämlich dass die Öffentlichkeit darüber unterrichtet werden

00:02:14: muss, was in der Patentanmeldung steht und wofür unter

00:02:17: Umständen ein Patent begehrt wird.

00:02:19: Dieses Interesse der Öffentlichkeit wird sozusagen abgewogen

00:02:23: gegen die Aussicht des Patentanmelders aufgrund eines

00:02:26: gegebenenfalls erteilten Patents in der Zukunft ein

00:02:28: Monopolrecht zu erlangen.

00:02:30: So ein Monopolrecht ist ja nichts anderes als ein

00:02:33: Ausschließungsrecht,

00:02:34: aufgrund dessen der Patentinhaber Dritte davon ausschließen

00:02:37: kann, den patentgeschützten Gegenstand zu vertreiben oder

00:02:40: herzustellen.

00:02:42: Die Öffentlichkeit wird daher durch diese

00:02:45: Zwangsveröffentlichung rechtzeitig darüber informiert,

00:02:47: dass ein Patent entstehen könnte.

00:02:50: Zusätzlich dient die Veröffentlichung der Patentanmeldung

00:02:52: auch dazu, dass jeder mal nachvollziehen kann,

00:02:55: was denn in der ursprünglich eingereichten Anmeldung

00:02:57: gestanden ist und offenbart wurde.

00:02:59: Denn nur so kann die Öffentlichkeit überprüfen und

00:03:01: nachvollziehen,

00:03:02: ob Änderungen im Anmeldungsverfahren denn tatsächlich auf

00:03:06: die ursprüngliche Offenbarung zurückführbar sind.

00:03:09: Jetzt wissen wir aus welchen Überlegungen die

00:03:11: Veröffentlichung der Patentanmeldung stattfindet.

00:03:14: Aber wann findet denn die Veröffentlichung jetzt

00:03:17: konkret statt?

00:03:18: Die Veröffentlichung erfolgt 18 Monate nach dem Anmeldetag

00:03:21: oder frühesten Prioritätstag und zwar zum frühestmöglichen

00:03:25: Zeitpunkt nach dem Ablauf von 18 Monaten ab diesem Stichtag.

00:03:29: Werden mehr Prioritäten beansprucht,

00:03:32: dann ist immer der früheste Prioritätstag das relevante

00:03:34: Datum.

00:03:36: Da das Europäische Patentamt einmal in der Woche

00:03:38: Patentanmeldungen gesammelt veröffentlicht,

00:03:40: nämlich mittwochs,

00:03:41: ist der Tag der Veröffentlichung in der Praxis immer jener

00:03:45: Mittwoch, der auf den Tag folgt,

00:03:47: der 18 Monate nach dem Anmeldetag oder Prioritätstag liegt.

00:03:51: Jede Anmeldung muss also veröffentlicht werden,

00:03:53: um die Öffentlichkeit rechtzeitig darüber zu informieren,

00:03:56: dass da ein Patent entstehen wird.

00:03:59: Das passiert zwangsläufig und nach dem EPÜ immer

00:04:03: 18 Monate nach dem Anmeldetag oder dem frühesten

00:04:07: beanspruchten Prioritätstag.

00:04:10: Gleichzeitig wird mit der Veröffentlichung der Anmeldung

00:04:12: auch offen gelegt,

00:04:14: was der Anmelder ursprünglich offenbart hat,

00:04:16: das heißt beim Patentamt eingereicht hat,

00:04:19: sodass die Öffentlichkeit jetzt nicht nur den Inhalt der

00:04:21: Anmeldung kennt, sondern auch später überprüfen kann,

00:04:24: ob Änderungen durch die ursprünglich eingereichten

00:04:27: Anmeldungsunterlagen gestützt sind.

00:04:30: Jetzt schauen wir uns die Veröffentlichungsschrift einmal

00:04:32: näher an.

00:04:33: Was veröffentlicht denn das Europäische Patentamt in den

00:04:36: sogenannten Anmeldungsveröffentlichungen und kann man auch

00:04:40: auf einen Blick erkennen, was da eigentlich veröffentlicht

00:04:42: wurde.

00:04:44: Das Europäische Patentamt veröffentlicht immer die

00:04:46: ursprünglich eingereichte Fassung der Anmeldeunterlagen,

00:04:50: wobei dieser Inhalt vor der Drucklegung in das vom EPA

00:04:53: verwendete Standardlayout eingepflegt wird.

00:04:55: Es gibt drei unterschiedliche Arten an Veröffentlichungen

00:04:58: von Patentanmeldungen.

00:05:00: Nämlich einerseits die Veröffentlichung der Patentanmeldung

00:05:03: gemeinsam mit dem Recherchenbericht als sogenannte

00:05:05: A1-Schrift.

00:05:07: Andererseits die Veröffentlichung der Patentanmeldung ohne

00:05:10: den Recherchenbericht als sogenannte A2-Schrift,

00:05:13: auf die dann zwangsläufig die gesonnerte Veröffentlichung

00:05:16: des Recherchenberichts als A3-Schrift folgt.

00:05:19: Dies hat folgenden Hintergrund:

00:05:21: Zusätzlich zur Veröffentlichung der Patentanmeldung sieht

00:05:23: das EPÜ auch zwingend die Veröffentlichung des

00:05:26: Recherchenberichts vor.

00:05:28: Und Artikel 92,

00:05:29: der die Regelungen zum Recherchenbericht enthält,

00:05:32: sieht in Verbindung mit der Regel 68 Absatz 1 der

00:05:35: Ausführungsordnung vor,

00:05:37: dass der Recherchenbericht eben gemeinsam mit der

00:05:39: Patentanmeldung veröffentlicht werden soll,

00:05:41: wenn der Recherchenbericht zum Zeitpunkt an dem die

00:05:44: technischen Vorbereitungen für die Veröffentlichung

00:05:46: fertiggestellt wurden, eben schon vorliegt.

00:05:49: Das heißt, es gibt den Fall,

00:05:50: dass zum Zeitpunkt der vorgesehenen Veröffentlichung der

00:05:53: Patentanmeldung auch der Recherchenbericht bereits vorliegt,

00:05:56: sodass beides gemeinsam in der A1-Schrift veröffentlicht

00:05:58: werden kann.

00:06:00: Wenn der Recherchenbericht jedoch nicht rechtzeitig

00:06:02: fertiggestellt wurde,

00:06:03: dann wird trotzdem jedenfalls die Patentanmeldung nach 18

00:06:06: Monaten veröffentlicht, und zwar in Form der A2-Schrift.

00:06:09: Der Recherchenbericht wird dann nach seiner Fertigstellung

00:06:12: gesonnert veröffentlicht, und zwar in Form einer A3-Schrift.

00:06:16: Am Veröffentlichungscode,

00:06:17: der der 7-stelligen Veröffentlichungsnummer nachgestellt ist,

00:06:21: erkenne ich also auf einen Blick den Inhalt der

00:06:24: Veröffentlichung.

00:06:25: Es gibt also mehrere unterschiedliche Arten von

00:06:28: Anmeldungsveröffentlichungen.

00:06:30: In welcher Form eine Anmeldung veröffentlicht wird,

00:06:33: hängt davon ab, ob der Recherchenbericht zum Zeitpunkt des

00:06:36: Abschlusses der technischen Vorbereitungen der

00:06:39: Veröffentlichung schon erstellt war oder noch nicht.

00:06:42: Ist der Recherchenbericht bereits erstellt worden,

00:06:45: kommt es zu einer A1-Veröffentlichung,

00:06:47: die dann den Anmeldungstext und den Recherchenbericht

00:06:50: enthält.

00:06:52: Liegt der Recherchenbericht noch nicht vor,

00:06:54: wird die Anmeldung ohne den Recherchenbericht als

00:06:56: A2-Veröffentlichung veröffentlicht,

00:06:59: und der Recherchenbericht wird dann später als A3-Schrift

00:07:02: veröffentlicht, sobald er eben da ist.

00:07:05: Jetzt stellt sich natürlich die Frage,

00:07:07: gibt es die Möglichkeit,

00:07:08: die Veröffentlichung oder den Zeitpunkt der Veröffentlichung

00:07:12: zu verschieben, ja vielleicht sogar zu verhindern?

00:07:15: Ja, es ist grundsätzlich möglich,

00:07:17: den Zeitpunkt der Veröffentlichung nach vorne zu

00:07:19: verschieben, indem der Anmelder beantragt,

00:07:21: dass die Anmeldung vorzeitig veröffentlicht wird.

00:07:24: Eine solche vorzeitige Veröffentlichung ist aber eher ein

00:07:27: Sonderfall, der nur in bestimmten Situationen zur Anwendung

00:07:30: kommt und sinnvoll ist.

00:07:32: Was aber jedenfalls nicht möglich ist, ist,

00:07:34: dass ich die Veröffentlichung nach hinten verschiebe,

00:07:37: denn diese 18 Monate sind im EPÜ explizit geregelt und

00:07:41: definieren somit eine feste Frist,

00:07:43: die nicht verlängert werden kann.

00:07:44: Es handelt sich ja wie eingangs erwähnt um eine

00:07:47: Zwangsveröffentlichung.

00:07:49: Es kann jetzt Fälle geben, wo vielleicht schon fest steht,

00:07:52: dass die Anmeldung aussichtslos ist,

00:07:54: weil der Recherchenbericht vernichtend ist und man möchte

00:07:57: vielleicht gar nicht, dass ein Mitbewerber überhaupt sehen

00:07:59: kann, dass die Anmeldung eingereicht wurde,

00:08:02: beziehungsweise was denn in dieser Anmeldung drinnen

00:08:04: gestanden ist.

00:08:05: In diesem Fall gibt es dann tatsächlich eine Möglichkeit,

00:08:08: die Veröffentlichung zu verhindern und zwar durch

00:08:10: rechtzeitige, aktive Zurücknahme der Anmeldung, was aber auch zur Folge hat,

00:08:14: dass die Anmeldung dann endgültig verloren ist und nicht

00:08:17: weiterverfolgt werden kann.

00:08:19: Also angenommen, ich möchte jetzt verhindern,

00:08:20: dass die Anmeldung veröffentlicht wird.

00:08:23: Wann muss ich das tun und welche Schritte muss ich da

00:08:25: genau setzen?

00:08:26: Logischerweise kann ich nicht einen Tag,

00:08:28: bevor die Veröffentlichung ansteht, sagen,

00:08:31: dass ich die Anmeldung jetzt bitte sofort zurückziehen

00:08:33: möchte,

00:08:34: sondern der Antrag auf Zurückziehung der Patentanmeldung

00:08:37: muss gestellt werden,

00:08:38: bevor die technischen Vorbereitungen zur Veröffentlichung

00:08:41: abgeschlossen sind und das ist fünf Wochen vor dem geplanten

00:08:45: Veröffentlichungstag.

00:08:46: Tatsächlich gibt es aber Rechtsprechung der

00:08:48: Beschwerdekammern,

00:08:49: die dieser strenge Frist etwas aufweichen.

00:08:52: Dabei wurde festgehalten,

00:08:53: dass das Europäische Patentamt sich bei entsprechender

00:08:56: Antragstellung tunlichst bemühen sollte,

00:08:58: die Veröffentlichung zu verhindern,

00:09:00: auch wenn die technischen Vorbereitungen bereits

00:09:02: abgeschlossen sind.

00:09:03: Grundsätzlich trägt das Risiko einer späteren Antragstellung

00:09:07: aber der Anmelder,

00:09:08: denn desto später der Antrag gestellt wird,

00:09:10: desto größer ist das Risiko,

00:09:12: dass es vielleicht doch zu einer Veröffentlichung kommt und

00:09:14: die Anmeldung nicht rechtzeitig zurückgezogen werden kann.

00:09:17: Als Daumenregel kann man also sagen,

00:09:19: dass eine Veröffentlichung nicht mehr verhindert werden

00:09:21: kann, wenn der entsprechende Antrag erst innerhalb der

00:09:24: letzten zwei Wochen vor dem geplanten

00:09:26: Veröffentlichungstag gestellt wird.

00:09:28: Es ist also möglich,

00:09:29: einerseits eine vorzeitige Veröffentlichung zu beantragen,

00:09:33: andererseits ist es auch möglich,

00:09:35: wenn ich meine europäische Patentanmeldung rechtzeitig vor

00:09:37: Ablauf der 18 Monatsfrist zurückziehe,

00:09:40: dass ich die Veröffentlichung insgesamt verhindere.

00:09:43: Ich sollte das tun,

00:09:45: bevor die technischen Vorbereitungen für die

00:09:47: Veröffentlichung abgeschlossen sind.

00:09:50: Gehen wir jetzt einen Schritt weiter im Verfahren.

00:09:52: Die Anmeldung wird veröffentlicht.

00:09:54: Was wird denn durch diese Veröffentlichung jetzt alles

00:09:56: ausgelöst?

00:09:57: Die Veröffentlichung der Patentanmeldung oder der

00:10:00: Patentanmeldung mit dem Recherchenbericht hat mehrere

00:10:03: Rechtsfolgen.

00:10:04: Einerseits löst die Veröffentlichung des Recherchenberichts,

00:10:07: die ja in der Regel gleichzeitig mit der Veröffentlichung

00:10:09: der Patentanmeldung in Form der A1-Schrift erfolgt,

00:10:12: die sechsmonatige Frist für die Zahlung der Prüfungs- und

00:10:15: Benennungsgebühren aus.

00:10:17: Andererseits werden jetzt auch der Öffentlichkeit

00:10:19: zusätzliche Rechte eingeräumt,

00:10:21: nämlich ist es ab diesem Zeitpunkt möglich,

00:10:23: Akteneinsicht zu begehren,

00:10:25: also in den Schriftverkehr zwischen Amt und Anmelder

00:10:28: hineinzuschauen.

00:10:29: Diese Akteneinsicht erfolgt über das online verfügbare

00:10:32: europäische Patentregister,

00:10:34: wobei im zusätzlich auch relevante Daten der

00:10:37: Patentanmeldung, beispielsweise betreffend den Anmelder,

00:10:40: den Erfinder, den Verfahrensstand und ähnliches,

00:10:43: angeführt werden.

00:10:45: Ein weiterer und ein sehr wichtiger Effekt,

00:10:49: den die Veröffentlichung nach sich zieht, ist,

00:10:52: dass der Gegenstand der ursprünglich eingereichten Fassung

00:10:55: der Patentanmeldung schriftlich veröffentlicht wurde,

00:10:58: also die Offenbarung der Anmeldung zum Stand der Technik

00:11:01: gemäß Artikel 54 Absatz 2 geworden ist. Das bedeutet,

00:11:05: durch die Veröffentlichung der Patentanmeldung gewährt das

00:11:08: Amt auch jeden dritten Akteneinsicht und die Anmeldung wird

00:11:13: auch im europäischen Patentregister für jeden dritten

00:11:16: öffentlich einsehbar.

00:11:18: Darüber hinaus löst die Veröffentlichung einer europäischen

00:11:21: Patentanmeldung auch noch die Frist zur Zahlung von Prüfungs-

00:11:26: und Benennungsgebühren aus,

00:11:27: wenn diese gemeinsam mit dem Recherchenberecht

00:11:30: veröffentlicht wird.

00:11:32: Schließlich löst die Veröffentlichung der europäischen

00:11:34: Patentanmeldung auch die materiellrechtliche Konsequenz nach

00:11:37: Artikel 54 Absatz 2 EPÜ aus, nämlich,

00:11:41: dass der Inhalt der Anmeldung zum Stand der Technik wird.

00:11:44: Bei dieser Stand der Technik Wirkung wollen wir jetzt

00:11:47: mal bleiben.

00:11:48: Es ist klar, sobald die Anmeldung veröffentlicht wird,

00:11:51: ist ihr Inhalt Stand der Technik, aber eben erst dann.

00:11:55: Wie sieht es eigentlich aus,

00:11:57: wenn jemand anders vier Monate nach uns eine Patentanmeldung

00:12:02: mit genau dem gleichen Inhalt eingereicht hat?

00:12:05: Er kannte ja zu diesem Zeitpunkt den Inhalt unserer

00:12:09: unveröffentlichten Patentanmeldung noch nicht.

00:12:12: Für so jemanden ist diese Veröffentlichung dann aber noch

00:12:16: kein Stand der Technik im Sinne des Artikel 54 Absatz 2. Es

00:12:20: wäre doch unfair,

00:12:21: wenn der Anmelder dieser späteren Anmeldung auch ein Patent

00:12:25: erhalten würde, oder?

00:12:26: Ja, um diesem Fall vorzubeugen,

00:12:29: gibt es eine Sonderegelung im EPÜ,

00:12:32: was den Stand der Technik angeht,

00:12:33: nämlich für eben diesen Fall,

00:12:35: dass es zwei kollidierende Anmeldungen gibt.

00:12:38: Klären wir vielleicht zuerst einmal,

00:12:39: was kollidierende Anmeldungen sind.

00:12:42: Wenn es eine frühere europäische Patentanmeldung gibt,

00:12:45: die einen besseren Zeitrang,

00:12:46: also einen früheren Anmeldetag oder Prioritätstag hat,

00:12:49: als eine spätere kollidierende europäische Anmeldung und

00:12:52: wenn die frühere Anmeldung am Anmeldetag oder Püritätstag

00:12:56: der späteren kollidierenden Anmeldung noch nicht

00:12:58: veröffentlicht war,

00:13:00: dann handelt es sich um zwei kollidierende Anmeldungen.

00:13:03: Und für diese Konstellation kommt die Sonderregelung des

00:13:07: Artikel 54 Absatz 3 zu tragen, der folgendes besagt:

00:13:11: Der Inhalt der früheren europäischen Patentanmeldung zählt

00:13:14: für die spätere kollidierende Patentanmeldung aufgrund des

00:13:18: besseren Zeitrang zwar zum Stand der Technik,

00:13:21: aber die Offenbarung dieser früheren Anmeldung kann

00:13:24: ausschließlich für die Beurteilung der Neuheit der späteren

00:13:27: Anmeldung herangezogen werden.

00:13:29: Das heißt, es wird verhindert,

00:13:30: dass zwei Patente auf zwei idente Erfindungen erteilt werden

00:13:34: können, wenn eines davon einen späteren Anmeldetag hat.

00:13:37: Auch ältere Rechte bilden einen Stand der Technik und die

00:13:42: Wirkungen dieser älteren Rechte treten ein,

00:13:45: nachdem die europäische Patentanmeldung anders als der

00:13:49: übrige Stand der Technik nach Artikel

00:13:54: 54 Absatz 2 sind ältere Rechte nach Artikel

00:13:58: 54 (3) ausschließlich für die Neuheit relevant,

00:14:03: nicht jedoch für die erfinderische Tätigkeit.

00:14:05: Es gibt aber auch noch andere Wirkungen,

00:14:08: die mit der Veröffentlichung der europäischen

00:14:09: Patentanmeldung einhergehen und eine davon betrifft auch

00:14:13: ganz massiv die Möglichkeit der Durchsetzung des Patents.

00:14:17: Ab wann kann ich denn meine Rechte aus dem Patent gegen

00:14:21: vermeintliche Verletzer durchsetzen?

00:14:24: Ja, grundsätzlich ist es so, dass der Artikel 67 regelt,

00:14:28: dass die europäische Patentanmeldung bereits eine vorläufige

00:14:31: Schutzwirkung entfaltet und dieser vorläufige Schutz

00:14:35: entsteht durch die Veröffentlichung der Patentanmeldung.

00:14:39: Diese Regelung zielt sehr stark aufs nationale Recht ab und

00:14:42: räumt den nationalen Gesetzgebern einen großen Spielraum im

00:14:45: Hinblick darauf ein,

00:14:47: worin diese Schutzwirkung besteht und wann diese

00:14:49: gegebenenfalls eintritt.

00:14:52: Deswegen werde ich nur ganz kurz auf die wichtigsten Aspekte

00:14:54: eingehen.

00:14:55: Das Mindestmaß für eine vorläufige Schutzwirkung ist der

00:15:00: Anspruch auf eine Schadenersatzzahlung oder gegebenenfalls

00:15:03: auf die Zahlung eines angemessenen Entgelts.

00:15:06: Dieser kann verlangt werden und zwar für den Zeitraum

00:15:09: zwischen der Veröffentlichung der Patentanmeldung und der

00:15:12: nachfolgenden Patenterteilung.

00:15:14: Weiters können die nationalen Gesetzgeber auch vorsehen,

00:15:17: dass diese vorläufige Schutzwirkung erst dann eintritt,

00:15:20: wenn die Patentansprüche in die jeweilige Landessprache

00:15:24: übersetzt worden sind und nachfolgend entweder

00:15:27: veröffentlicht worden sind,

00:15:28: also vom Patentamt oder dem vermeintlichen Verletzer direkt

00:15:32: zugänglich gemacht worden sind.

00:15:34: Zu beachten ist jedoch,

00:15:36: dass für den Schutzbereich nach Artikel 69 Absatz 2 die

00:15:40: erteilte Fassung der Patentansprüche relevant ist,

00:15:43: also auch für die vorläufige Schutzwirkung der

00:15:48: Patentanmeldung muss ich mir anschauen,

00:15:50: was dann tatsächlich erteilt worden ist.

00:15:53: Nach Artikel 67 EPÜ kann man also schon aus der

00:15:56: veröffentlichten Anmeldung Rechte durchsetzen.

00:16:00: Das wesentliche Recht, das man da durchsetzen kann,

00:16:02: ist die Geldentmachung eines angemessenen Entgelts oder

00:16:06: eines Schadenersatzanspruchs.

00:16:08: In manchen Ländern verlangt der vorläufige Schutz auch noch

00:16:12: nach einer Übersetzung der Patentansprüche oder der gesamten

00:16:15: Anmeldung in die Sprache des jeweiligen Landes.

00:16:18: Fassen wir das alles noch einmal zusammen.

00:16:21: Veröffentlichungen sind in Artikel 93 EPÜ geregelt und sie

00:16:25: erfolgen typischerweise 18 Monate nach dem Anmelde- oder

00:16:29: frühesten Prioritätstag.

00:16:31: Die Veröffentlichung hat grundsätzlich zwei Wirkungen,

00:16:34: nämlich einerseits die Information der Öffentlichkeit,

00:16:37: andererseits dient sie auch dem Nachweis der ursprünglichen

00:16:40: Offenbarung.

00:16:42: Eine Veröffentlichung einer europäischen Patentanmeldung

00:16:45: kann grundsätzlich auf zwei Weisen erfolgen,

00:16:48: nämlich abhängig davon,

00:16:49: ob zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits der

00:16:52: Recherchenbericht vorgelegen hat oder nicht.

00:16:55: Liegt ein solcher Recherchenbericht vor,

00:16:57: dann wird die Anmeldung gemeinsam mit ihrem

00:16:59: Recherchenbericht veröffentlicht.

00:17:01: Sonst wird sie 18 Monate nach dem Anmeldetag ohne

00:17:05: Recherchenbericht veröffentlicht,

00:17:06: der dann später veröffentlicht wird.

00:17:09: Es ist auch möglich, dass der Anmelder beantragt,

00:17:12: die Anmeldung früher zu veröffentlichen.

00:17:15: Eine Verschiebung der Veröffentlichung über die 18

00:17:18: Monatsfrist hinaus ist nicht möglich.

00:17:21: Es ist allerdings möglich,

00:17:22: durch rechtzeitige Zurückziehung der Anmeldung eine

00:17:25: Veröffentlichung überhaupt zu vermeiden.

00:17:27: Durch die Veröffentlichung werden dann im Verfahren

00:17:30: unterschiedliche Konsequenzen ausgelöst.

00:17:33: Insbesondere muss der Anmelder nach der Veröffentlichung des

00:17:36: Recherchenberichts innerhalb von sechs Monaten einen

00:17:39: Prüfungsantrag stellen und Prüfungsgebühren und

00:17:41: Benennungsgebühren bezahlen,

00:17:43: um das Verfahren weiter am Laufen zu halten.

00:17:45: Mit der Veröffentlichung erhält auch die Allgemeinheit ein

00:17:48: Recht auf Akteneinsicht in den Anmeldungsakt,

00:17:50: sowie auf Zugang zum Patentregister.

00:17:53: Grundsätzlich wird natürlich mit der Veröffentlichung der

00:17:55: Anmeldung diese auch zum vollwertigen Standardtechnik nach

00:17:58: Artikel 54 (2).

00:18:01: Die Veröffentlichung der Anmeldung hat aber auch noch die

00:18:03: Konsequenz, dass im Fall von kollidierenden Anmeldungen die

00:18:07: frühere Anmeldung zum älteren Recht nach Artikel 54 Absatz

00:18:11: 3 gegenüber einer späteren Anmeldung wird.

00:18:15: Also eine zusätzliche Art von Standardtechnik damit

00:18:17: geschaffen wird, die nur für die Beurteilung der Neuheit

00:18:20: einer späteren kollidierenden Anmeldung

00:18:23: herangezogen werden kann.

00:18:24: Und schließlich ist es nach Artikel 67 EPÜ auch möglich,

00:18:29: schon aus der veröffentlichten Patentanmeldung Rechte gegen

00:18:32: Verletzer durchzusetzen und zwar zumindest das Recht auf

00:18:35: Schadenersatz oder ein angemessenes Entgelt,

00:18:39: wobei ein vorläufiger Schutz in manchen Ländern nur dann zur

00:18:42: Verfügung steht,

00:18:43: wenn auch eine Übersetzung der Patentansprüche in die

00:18:46: jeweilige Landessprache vorliegt.

00:18:49: Das war eine Folge zum Thema Veröffentlichung der

00:18:52: Patentanmeldung und Ihre Wirkung.

00:18:54: Vielen Dank, Lukas, und vielen Dank für Ihr Interesse.

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