T 1931/14 - Verfahren zur Sauerstofferzeugung (Eignungsangaben in Verfahrensansprüchen)

Shownotes

In dieser Folge besprechen Gerd Hübscher und Fabian Haiböck die Entscheidung T 1931/14 einer Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts aus dem Jahr 2018. Im Mittelpunkt steht das kleine, aber entscheidende Wort „zur“ in Patentansprüchen und seine Bedeutung bei der Abgrenzung gegenüber dem Stand der Technik für Verfahrensansprüche. Die Entscheidung behandelt zentrale Themen der Neuheit und Auslegung von Zweckangaben in Verfahrensansprüchen sowie die Frage, ob Zweckangaben als funktionelle Merkmale anzusehen sind, die eine konkrete Anwendung des Verfahrens betreffen.

Erfindung

Die zugrundeliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Sauerstoff zur Versorgung eines IGCC-Kraftwerks, also eines sogenannten Integrated Gasification Combined Cycle Systems. In einem solchen Kraftwerk wird Kohle zu Synthesegas oxidiert, das anschließend zur Stromerzeugung in einer Gasturbine verbrannt wird. Der dafür benötigte Sauerstoff wird durch eine Luftzerlegungseinheit gewonnen, in der Luft verflüssigt und destilliert wird. Diese Anlagen arbeiten am effizientesten unter Nennlast, verlieren jedoch deutlich an Wirkungsgrad, wenn sie bei schwankendem Strombedarf betrieben werden.

Die Erfindung löst dieses Problem, indem die Luftzerlegung kontinuierlich mit optimaler Effizienz betrieben wird, unabhängig vom momentanen Energiebedarf des Kraftwerks. Wenn weniger Strom benötigt wird, wird überschüssiger Sauerstoff als Flüssigsauerstoff gespeichert; bei steigender Nachfrage wird dieser Flüssigsauerstoff verdampft und dem Prozess wieder zugeführt. Dadurch wird eine flexible und energieeffiziente Sauerstoffversorgung sichergestellt, die sich dynamisch an den Leistungsbedarf der Anlage anpasst.

Verfahren

Bereits im Prüfungsverfahren führte die Patentinhaberin ein Beschwerdeverfahren (T 2289/08) gegen die Zurückweisungsentscheidung der Prüfungsabteilung bevor das Streitpatent erteilt wurde. In weiterer Folge wurde Einspruch eingelegt und das Streitpatent im Einspruchsverfahren widerrufen. Dagegen richtete sich die Beschwerde, die in dieser Folge diskutiert wird.

Eignungsangabe vs. funktionelles Merkmal: Ist ZUR einschränkend?

Im Streit stand letztlich die Frage, ob das Merkmal „zur Versorgung eines IGCC-Kraftwerks“ den Anspruch tatsächlich einschränkt oder nur eine Eignung beschreibt. Die Einsprechende argumentierte, es handle sich lediglich um eine Zweckangabe, die keine technische Beschränkung darstelle. Sie verwies dabei auf die Entscheidung T 304/08, in der eine ähnliche Formulierung als bloße technische Wirkung ohne einschränkende Wirkung angesehen wurde. Die Patentinhaberin hingegen stützte sich auf die Entscheidung T 848/93, in der festgestellt wurde, dass ein Verfahrensmerkmal, das eine konkrete Anwendung beschreibt – dort das Umschmelzen galvanischer Schichten – als funktionales Merkmal und somit als einschränkend zu verstehen ist.

Die Beschwerdekammer stellte klar, dass bei Verfahren zwischen zwei Arten von Zweckangaben zu unterscheiden ist. Einerseits gibt es solche, die die Anwendung oder Verwendung des Verfahrens definieren. Diese sind einschränkend, weil sie zusätzliche Schritte - im Sinne eines funktionellen Merkmals - implizieren, ohne die das Verfahren seinen Zweck nicht erfüllen kann. Andererseits gibt es Zweckangaben, die lediglich eine technische Wirkung beschreiben, die ohnehin beim Durchführen des Verfahrens entsteht. Diese sind nicht einschränkend. Im vorliegenden Fall definiert das Merkmal „zur Versorgung eines IGCC-Kraftwerks“ die konkrete Anwendung des Verfahrens und erfordert zusätzliche technische Maßnahmen – nämlich die Anpassung der Sauerstoffproduktion an den variablen Leistungsbedarf der Kraftwerksanlage.

Die Kammer betonte, dass der Anspruch explizit Schritte enthält, die auf die Leistungsanforderungen des Kraftwerks Bezug nehmen, etwa das Produzieren von überschüssigem Sauerstoff bei geringerem Energiebedarf und das Verdampfen und Zuführen von gespeichertem Sauerstoff bei erhöhter Nachfrage. Diese Abhängigkeit vom Kraftwerksbetrieb verleiht dem Verfahren eine funktionale Einschränkung, die über eine bloße Eignung hinausgeht. Das Verfahren sei daher neu, da das entgegengehaltene Dokument zwar ein ähnliches Sauerstofferzeugungsverfahren beschreibe, aber keinen Bezug zu einem IGCC-Kraftwerk und keine Steuerung anhand dessen Leistungsbedarfs enthalte.

Die Kammer hob somit die Entscheidung der Einspruchsabteilung auf und verwies die Sache zur weiteren Prüfung der erfinderischen Tätigkeit an die erste Instanz zurück. Diese wies den Einspruch zurück, sodass das Streitpatent ohne Änderungen aufrechterhalten wurde.

Zusammenfassung

Diese Entscheidung zeigt anschaulich, wie präzise die Formulierung von Zweckangaben in Patentansprüchen sein muss und welche weitreichenden Folgen ein einzelnes Wort wie „zur“ haben kann. Bei Verfahrensansprüchen kann es den Unterschied zwischen bloßer Eignung und einer technisch relevanten Einschränkung bedeuten – und damit über den Bestand eines Patents entscheiden.

weiterführende Links

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00:00:00: Willkommen beim IP Courses-Podcast, dem Podcast für europäisches Patentrecht.

00:00:09: Willkommen zur Analyse der Entscheidung zur Auslegung der Begrifflichkeit "Verfahren zur

00:00:15: Durchführung" und zur Bedeutung eines kleines Wortes mit großer Wirkung ZUR. Hallo Fabian,

00:00:22: schön dich zur heutigen IP Courses-Podcastfolge begrüßen zu dürfen.

00:00:26: Hallo Gerd, wie immer vielen Dank, dass ich da sein darf. Und ja, dass das bereits einleitend

00:00:31: geradezu inflationär erwähnt, heute habe ich die Entscheidung T 1931/14. Es ist eine

00:00:39: Entscheidung der Beschwerdekammer vom 21.02.2018 mitgebracht und genau darin geht es um das

00:00:46: unscheinbare Wörtchen "zur" in Patentansprüchen und vor allem um dessen Eignung den Anspruchswort

00:00:51: vom Stand der Technik abzugrenzen. Was hat es denn jetzt mit diesem kleinen Wort zur auf sich?

00:00:57: Ja grundsätzlich, das lernt man ja bereits relativ früh als Anwärter, ist "zur" oder auch "zum"

00:01:04: beziehungsweise die Abwandlungen, die man da erkennt, als "geeignet für" zu verstehen. Wenn also

00:01:11: eine entgegengehaltene Vorrichtung zum gleichen Zweck geeignet ist, obwohl das nicht explizit

00:01:16: angegeben ist, so wirkt das "zur" nicht als Abgrenzung gegenüber der entgegengehaltenen

00:01:23: Vorrichtung. Man stelle sich jetzt also beispielsweise eine Vorrichtung zum Halten von

00:01:28: Rindern vor und der entgegengehaltene Stand der Technik ist beispielsweise eine Vorrichtung zum

00:01:35: Halten von Pferden. So wird es wohl nicht recht überzeugend sein, dass diese Zweckwidmung zur

00:01:41: Abgrenzung dient, einfach weil wohl davon auszugehen ist, dass eine Vorrichtung, die eben

00:01:46: ein Pferd halten kann, auch dazu geeignet ist ein Rind zu halten. Es ist also in aller Regel so,

00:01:53: dass das "zur" eben eine Zweckwidmung ist, die in den seltensten Fällen als Einschränkung wirkt.

00:02:00: Es gibt die seltenen Fälle aber auch, also ich denke an dieses berühmte Beispiel mit dieser

00:02:06: Eiswürfelform und wo die Frage ist, ist die neuheitsschädlich für eine Form zum Schmelzen

00:02:12: von Metall. Jetzt wissen wir, dass Eiswürfelformen normalerweise für einen anderen Temperaturbereich

00:02:18: ausgelegt sind als Metallschmelzeformen und daher ist genau dort diese Zweckeignung nicht gegeben,

00:02:26: das wäre also in diesem Fall eine zulässige Abgrenzung gegenüber dem Stand der Technik,

00:02:30: zumindest steht so in den Richtlinien. Genau, also im Prinzip aus meiner Sicht durchwegs,

00:02:36: konsequent, weil eben implizit bei einer geforderten Eignung für eine Umschmelze,

00:02:41: sind implizit gewisse Materialeigenschaften, wie du bereits gesagt hast, gefordert und die sind

00:02:47: dann eben bei einer solchen Zweckwidmung durchaus einschränkend. Es ist also so, dass es bei

00:02:53: Vorrichtungen relativ einfach nachzuvollziehen ist, ob denn so ein "Zur" im Sinne einer Zweckwidmung

00:03:00: einschränkend wirkt oder eben nicht. Bei der Entscheidung war es aber anders. Da war

00:03:05: es ja keine Vorrichtung, sondern ein Verfahren. Was gibt es da für besondere Aspekte? Das kleine

00:03:12: Wörtchen zur so unscheinbarer als auch sein mag hat tatsächlich je nachdem, welcher Anspruchsart es

00:03:19: vorkommt, durchaus unterschiedliche Bedeutungen und genau das wollen wir uns heute anschauen.

00:03:24: Was ist denn der Fall, von dem wir heute ausgehen? Tatsächlich handelt die Erfindung heute von einem

00:03:30: Verfahren zur Sauerstofferzeugung und worauf man jetzt achten muss, ist, dass das Verfahren zum

00:03:38: Herstellen von Sauerstoff zur Versorgung einer Gasturbine eingesetzt wird. Dann bleiben wir mal

00:03:46: beim Konzept der Erfindung. Du hast gesagt, es geht um das Herstellen von Sauerstoff zu euch

00:03:55: Ja, eben mit dem Sauerstoff soll aus einer Kohle ein Synthese-Gas erzeugt werden und

00:04:02: dieses Synthese-Gas wird dann in weiterer Folge zum Betreiben einer Gasturbine eingesetzt. Auf

00:04:09: diese Weise kann Energie erzeugt werden. Jetzt braucht ja jeder Verbrennungsvorgang irgendwie

00:04:14: Sauerstoff, wo liegt da das Problem? Das Problem ist, in der Sauerstoffversorgung selbst, gemäß der

00:04:22: Erfindung, wird dieser Sauerstoff nämlich aus einer Luftzerlegungseinheit gewonnen. Das heißt,

00:04:27: aus der Luft wird der reine Sauerstoff extrahiert. Also ich erhöhe einfach den relativem Anteil von

00:04:37: Sauerstoff als, dass ich einfach nur Verbrennungsluft nehme. Genau, es funktioniert im Wesentlichen so,

00:04:41: dass ich die Luft unter hohem Druck, unter tiefe Temperaturen setze und dann im Rahmen von einem

00:04:47: Destillationsverfahren den Sauerstoff von dem Stickstoff trenne. Wenn ich damit jetzt eine

00:04:53: Gasturbine betreibe, wie du gesagt hast, gibt es da Schwierigkeiten, die dabei auftreten?

00:04:57: Ja, das ist genau die Schwierigkeiten, mit dem sich die Erfindung befasst. Die Gasturbine muss

00:05:01: nämlich üblicherweise in Abhängigkeit vom Energiebedarf betrieben werden. Das Problem ist jetzt aber,

00:05:07: dass die Luftzerlegungseinheit in einem sehr engen Betriebsbereich optimal eingesetzt werden kann.

00:05:14: Sprich, ob jetzt auf der einen Seite das Verlangen, dass ich die Gasturbine sehr variabel

00:05:18: betreiben kann und auf der anderen Seite möchte er aber die Sauerstofferzeugung auf einem sehr

00:05:24: konstanten, im Betriebsoptimum befindlichen Niveau betreiben. Und da setzt die Erfindung ein.

00:05:30: Okay, gut, also das klingt nach seinem klassischen Problem, wo ich unterschiedlich erzeugt, als ich

00:05:34: verbrauche. Also gerade in der Softwaretechnik, wo ich zu Hause bin, kommt sowas häufig vor. Wie

00:05:38: kann man es denn da lösen, verfahrenstechnisch? Jetzt würde es mich interessieren, wie wird

00:05:41: es in der Softwaretechnik gelöst? Man nimmt einfach einen Puffer, der das zwischenspeichert.

00:05:46: Ja, ganz genau so funktioniert es auch in der Chemie. Es ist ein Pufferspeicher, der

00:05:51: zwischengeschaltet wird. Wenn zu viel Sauerstoff erzeugt wird, wird der dort gespeichert. Wenn

00:05:55: der Sauerstoff benötigt wird, wird der im richtigen Verhältnis wieder verdampft und abgezogen und

00:06:01: dann zur Zeugung des Synthesegases eingesetzt. Klingt zu weit, so naheliegend. Das Prüfungsverfahren

00:06:09: hat sich jetzt ziemlich lange hingezogen, elf Jahre, wenn ich das sehe. Was hat denn da so lange

00:06:14: gedauert? War das strittig, ob es eine Erfindung ist? Elf Jahre schreit noch an gewissen Streitpotenzial.

00:06:22: Also ich möchte jetzt nicht zu genau darauf eingehen, weil es wirklich, man könnte glaube ich

00:06:26: eigene Folge damit füllen. Es ging nämlich allein aus dem Prüfungsverfahren eine eigene

00:06:32: Beschwerdekammer Entscheidung. Aber grundsätzlich sehr so viel gesagt, es war eine US-Erstanmeldung,

00:06:39: das USPTO hat recherchiert, hat die Anmeldung für neu und erfinderisch gehalten, das Europäische

00:06:45: Patentamt hat nach recherchiert, hat ein neues Dokument gefunden und das war zumindest gemäß

00:06:51: der Meinung vom Europäischen Patentamt neuheitsschädlich. Daraufhin klassischerweise gibt es

00:06:57: neue Ansprüche. Die neuen Ansprüche haben Ar 123 (2) Thematiken hervorgerufen. Das bedeutet,

00:07:04: sie überschreiten die ursprüngliche Offenbarung. Ja, genau. Dann gibt es einen zweiten Bescheid,

00:07:08: einen dritten Bescheid. Und im Endeffekt hat man sich dann darauf geeinigt, dass im Rahmen einer

00:07:14: mündlichen Verhandlung die Neuheit und erfinderische Tätigkeit des zuletzt vorgelegten

00:07:20: Anspruchssatzes diskutiert wird. Die Patentinhaberin hat dann aber nicht an der mündlichen Verhandlung

00:07:27: teilgenommen, woraufhin es einen Zurückweisungsbeschluss gab. Damit kann es noch nicht zu Ende gewesen

00:07:33: sein. Wir müssen ja noch zu unserer Beschwerdekammerentscheidung. Ja, genau. Tatsächlich kam es

00:07:38: dann auch zu einer Beschwerde, aber das ist eben nicht die Beschwerde, die uns heute interessiert,

00:07:42: sondern eine gesonderte Entscheidung. Und kurz zum Ergebnis, die Beschwerdekammer hat entschieden,

00:07:50: dass der Anspruch doch neu sei, hat zurück verwiesen an die Prüfungsabteilung und die hat dann

00:07:57: fast ein bisschen aufgegeben und gesagt, es ist neu, es ist auch erfinderisch, bitte,

00:08:02: elf Jahre sind genug. Der Markt wird sich aber nicht so einfach zufrieden gegeben haben,

00:08:09: wie die Prüfungsabteilung, nehme ich an. Genau so ist es. Der Markt ist dann mit einer neuen

00:08:15: Druckschrift hergekommen. In dem Fall war das die D6. Und diese D6, die hat jetzt ein Verfahren

00:08:21: zum Herstellen von Sauerstoff gezeigt, hat aber eben nicht explizit diese Gasturbine erwähnt.

00:08:29: Das heißt, wir haben als potenzielles Unterscheidungsmerkmal dieses "Zur Versorgung eines

00:08:35: Gasturbinenkraftwerks" drinnen. Genau um das geht es in der Entscheidung. So ist es. Wie waren da die

00:08:42: Positionen der Einsprechenden und der Patentinhaberin? Die Einsprechende ist sehr mechanisch an die

00:08:48: Sache herangegangen, hat das gelöst wie bei einer Vorrichtung. Wir haben ja vorher schon

00:08:51: eingangs besprochen, dass das Zur bei Vorrichtungen nur eine Zweckwidmung ist und daher nicht

00:08:58: einschränkend zu interpretieren ist. Und genau dieser Meinung ist auch die Einsprechende gefolgt.

00:09:06: Sie hat gemeint, na bitte, wir haben da Verfahren zum Herstellen von Sauerstoff. Es umfasst alle

00:09:12: Merkmale, also umfasst den Puffer etc. Und die Eignung zur Versorgung einer Gasturbine, die ist

00:09:18: auch gegeben. Die Leitungen etc. sind nämlich vorhanden. Das heißt, der Stand der Technik,

00:09:23: die D6, zeigt ein Verfahren, das im Endergebnis ebenso Sauerstoff produziert und das würde

00:09:29: sich genauso eignen für den Einsatz mit einem Gasturbinenkraftwerk. Genau, das war relativ

00:09:37: unstrittig. Die Einsprechende hat dann auch noch auf eine Rechtsprechung referenziert,

00:09:43: nämlich auf die T 304/08. Das war damals ein Verfahren zur Geruchsminderung und dort ist

00:09:50: die Beschwerdekammer genauso gesehen. Die hat eben das Wörtchen Geruchsminderung nicht als

00:09:56: einschränkend empfunden und deswegen war damals ein Stand der Technik, der alle Verfahrensschritte

00:10:03: zeigt, nicht aber explizit gezeigt hat, dass das zur Geruchsminderung eingesetzt wird,

00:10:08: neuheitsschädlich. Wie hat sich die Patentinhaberin jetzt dagegen verteidigt? Die Patentinhaberin hat

00:10:14: jetzt gesagt, na bitte das ZUR als reine Eignung, so geht es natürlich nicht. Wir benötigen ganz

00:10:23: zwingend diese Gasturbine. Das heißt, die Gasturbine ist ein Merkmal, die den Anspruchswort

00:10:32: laut einerseits einschränkt und somit ist es auch notwendig, dass ein potenzieller,

00:10:39: neuheitsschädlicher Stand der Technik eben diese Verwendung in Kombination mit der Gasturbine zeigt.

00:10:44: Das heißt, das ZUR ist in dem Fall oder nach Sicht der Patentinhaberin nicht

00:10:49: als ein "geeignet für" zu verstehen, sondern als ein "zwingend verwendet mit".

00:10:55: So kann man es sagen, in Wahrheit, dass es ein Merkmal ist, mitzulesen ist, kann jetzt in dem

00:11:01: Fall sogar ein funktionales Merkmal gesehen sein, beispielsweise, also ganz allgemein gesagt,

00:11:07: es wird verwendet mit der Gasturbine, deshalb muss es auch Verbindungsstücke zur Gasturbine,

00:11:15: etc. geben. Wie hat das die Beschwerdekammer aufgelöst? Die Beschwerdekammer ist relativ

00:11:22: differenziert an die Sache herangegangen, so leicht wie bei Vorrichtungen kann das leider

00:11:26: nicht gelöst werden. Man muss eine Fallunterscheidung machen. Wenn die Merkmale nach dem ZUR die Anwendung

00:11:35: oder die Verwendung des Verfahrens weiter definieren, so wie es im vorliegenden Fall tatsächlich ja ist,

00:11:43: dann sind die Merkmale durchaus als einschränkend mitzulesen. Wenn jedoch die Merkmale nur den

00:11:53: Zweck oder die technische Wirkung angeben, die sich ohnehin auf Basis der Abfolge der Merkmale

00:12:01: ergibt, so wie es bei der Geruchsminderung der Fall war, dann ist dieses Merkmal eben nicht

00:12:07: als einschränkend zu sehen. Die Beschwerdekammer hat es also gesagt, der Einsatz der Gasturbine

00:12:14: da gibt es tatsächlich auch eine Wechselwirkung, nämlich der Puffer wird ja in Abhängigkeit des

00:12:21: Energiebedarfs entweder stärker oder weniger stark verwendet. Da gibt es eine Wechselwirkung,

00:12:28: das ist ein Merkmal, das interagiert mit dieser Gasturbine und deswegen ist es eben auf keinen

00:12:38: Fall ein Merkmal, das nur die technische Wirkung angebt, sondern es ist ein funktionales Merkmal,

00:12:45: es steht im Zusammenhang, im funktionellen Zusammenhang mit der Sauerstofferzeugung und

00:12:51: daher ist es als einschränkend zu sehen. Die Frage bei den funktionellen Merkmalen ist ja immer

00:12:56: die, ich habe ein Merkmal, das ich nicht klarer konstruktiv normalerweise kennzeichnen kann. Also

00:13:03: ich sage jetzt einfach, wenn wir bei der Vorrichtung bleiben, eine Form zum Schmelzen von Metall und

00:13:08: das impliziert mir, dass das eine gewisse Temperaturbeständigkeit haben muss und das kann

00:13:12: kein Grundstoff sein, also das ist oder der klassische Lehrbuchfall von einem funktionellen

00:13:16: Merkmal. Wenn ich das jetzt auf dieses Verfahren anwende, dann stellt sich ja da eigentlich die Frage,

00:13:22: ist diese Zweckwidmung, also diese Anwendung des Verfahrens für den Betrieb des Gasturbinen-

00:13:28: Kraftwerks, impliziert es irgendwelche zwingenden Merkmale oder nicht? Das würde ich auch so sehen

00:13:36: und im vorliegenden Fall ist es ja tatsächlich so, nämlich es steht dann auch tatsächlich im

00:13:41: Anspruchswortlaut so drinnen, dass die Speisung des Puffers oder eben das Herausziehen vom gepufferten

00:13:50: Sauerstoff und im weiter Folge dann die Verdampfung vom Sauerstoff in Abhängigkeit des Bedarfs von dieser

00:13:58: Gasturbine erfolgt. Und das ist glaube ich so ein bisschen der funktionale Zusammenhang, der uns,

00:14:06: der diesem Merkmal im Anspruch, die Seele gibt und auch eben die zwingende Bedeutung.

00:14:15: Dann sehe ich aber jetzt gar nicht so sehr den Unterschied zur Vorrichtung. Also bei der

00:14:20: Vorrichtung habe ich beim funktionellen Merkmal ja auch die Frage, impliziert mir dieses Merkmal

00:14:25: irgendwelche zusätzlichen Dinge, die ich damit hineingelesen muss dann. Also wenn ich eben,

00:14:30: weil bei dem, wenn ich die Vorrichtung habe zum Umschmelzen von Metall oder wie auch immer,

00:14:33: dann geht mit dem Metall zwingend eine gewisse Temperaturbeständigkeit einher, die aber nicht

00:14:38: explizit drinnen steht, die aber trotzdem dann einschränkend wirkt durch die Zweckwidmung.

00:14:42: Genauso ist es dann in dem Verfahren auch. Umgekehrt, wenn mir diese Angabe eigentlich überhaupt keine

00:14:47: Einschränkung bringt, auch in der Vorrichtung, weil ohnehin alle Merkmale schon dastehen und

00:14:52: dass darüber hinaus nichts Zusätzliches mit sich bringt, dann habe ich beim Verfahren genau

00:14:57: den gleichen Effekt. Wenn man es so aufsetzt, dann gibt wieder recht zumindest fallt mir jetzt

00:15:04: nichts ein, was dagegen sprechen würde. Wie ist dann das Beschwerdeverfahren ausgegangen?

00:15:09: Also die Beschwerdekammer hat gesagt, D6 ist nicht neuheitsschädlich. Die erfinderische Tätigkeit

00:15:14: vermag sie nicht zu beurteilen, sie möchte nämlich der Anmelderin die Chance der doppelten

00:15:19: Instanz geben und hat dann an die Einspruchsabteilung zurück verwiesen. Und die Einspruchsabteilung

00:15:25: hat dann fast den Klassiker gemacht und gesagt, das ist neu. Und aus diesem nächstliegenden

00:15:32: Stand der Technik geht nicht hervor, dass eben diese Luftzerlegungseinheit mit einem Gas-Turbine

00:15:41: kombiniert wird. Somit ist es nicht nahegelegt und dann hat die Einspruchsabteilung beurteilt,

00:15:48: dass der Anspruchswort auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

00:15:52: Das heißt, wir lernen daraus, dass das Wörtchen "zur" mit Vorsicht zu genießen ist,

00:15:56: vor allem im Kontext von Verfahren, weil die Zweckwidmung dort und das funktionelle Merkmal

00:16:01: im Verfahren doch ist so mein Eindruck, denn die Tendenz hat einschränkender zu wirken

00:16:07: als in der Vorrichtung. Genau aufpassen beim Wörtchen "zur".

00:16:12: Damit verabschieden wir uns bis zur nächsten Folge vom IP Courses Podcast.

00:16:17: Vielen Dank für die Einladung Gerd und bis zum nächsten Mal.

00:16:21: Das war ein IP Courses Podcast. Für Feedback schreiben Sie uns an podcast@ipcourses.org,

00:16:35: abonnieren Sie den Podcast und entdecken Sie weitere Informationen und Kursangebote auf

00:16:41: www.ipcourses.org.

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